Milchzahnkaries ist nach wie vor weit verbreitet
In den vergangenen 40 Jahren ist die weltweite Kariesprävalenz im Milchzahngebiss bei Kindern im Alter von ein bis neun Jahren nur um 3,3 Prozent gefallen. Dabei war der stärkste Rückgang um 3,9 Prozent in Ländern mit hohem Einkommen zu verzeichnen. Doch auch hier haben immer noch 38,3 Prozent der Kinder Karies an den Milchzähnen. Viele Länder haben Programme zur Verringerung von Karies eingeführt, doch die nach wie vor hohe Karieserfahrung bei Kindern verdeutlicht, dass weitere Anstrengungen zur Verbesserung der Mundgesundheit vonnöten sind.
Dafür ist es wichtig, fördernde und hinderliche Faktoren für die individuelle Kariesprophylaxe aufzudecken. Beispielsweise war im Jahr 2023 fast die Hälfte der belgischen Kinder unter vier Jahren noch nie beim Zahnarzt – Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen sogar zu 62 Prozent. Dabei übernimmt die Krankenversicherung die Kosten für die zahnärztliche Untersuchung.
Ziel dieser Studie war es deshalb, ein tieferes Verständnis der Faktoren zu erlangen, die die Mundgesundheitsversorgung von Kleinkindern beeinflussen. Da das Verhalten der Eltern die Mundgesundheit ihrer Kleinkinder maßgeblich bestimmt, zielte die Studie darauf ab, ihre Perspektiven besser zu verstehen. Außerdem wurden Erfahrungen von Fachkräften gesammelt, die auf diesem Gebiet mit Kleinkindern und ihren Familien arbeiten.
Persönliche Befragungen von Eltern und Fachkräften als Grundlage
Um mehr über die Beweggründe und Rahmenbedingungen des Mundgesundheitsverhaltens zu gewinnen, wurden acht Einzel- und drei Fokusgruppeninterviews mit Eltern von Kindern im Alter von sechs Monaten bis sechs Jahren durchgeführt (insgesamt 30 Eltern). Dabei wurde darauf geachtet, auch Eltern aus Randgruppen mit einzubeziehen (19 Eltern waren nicht in Belgien geboren). Außerdem wurden Einzelinterviews mit acht Fachkräften aus verschiedenen Gesundheits- und Sozialbereichen geführt, die in Gent mit Kleinkindern und Familien arbeiteten. Hauptthemen der Befragungen waren das Verhalten bei der Mundhygiene, Ernährungsgewohnheiten und Zahnarztbesuche.
Alltägliche Hürden beim Zähneputzen
Die Mundgesundheit von Kleinkindern wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, darunter:
- Zeitmangel: Obwohl fast alle Eltern wussten, dass sie die Zähne ihrer Kinder zweimal täglich für zwei Minuten putzen sollten, blieb dies insbesondere morgens teilweise aus, weil die Zeit drängte und der Familienalltag hektisch verlief. Der Mundhygiene wurde dann eine geringere Priorität als anderen Dingen eingeräumt.
- unkooperatives Verhalten der Kinder: Nahezu alle Eltern beschrieben, dass ihre Kinder zuweilen unkooperativ waren, z. B. den Mund nicht öffneten, den Kopf wegdrehten oder gegen das Zähneputzen protestierten. Strategien, mit denen die Eltern dem zu begegnen versuchten, waren z. B. das Zähneputzen zu einem angenehmen Ereignis oder Spiel zu machen oder das Kind abzulenken. Andere reagierten mit Zwang, Verärgerung oder Drohungen. Eine weitere Strategie war, dem Kind zu erläutern, warum die Zahnpflege wichtig ist und die Verantwortung dafür dem Kind zu übertragen. Nicht alle Eltern hatten die Ausdauer oder Konsequenz, das Zähneputzen durchzusetzen. Gleichzeitig berichteten Eltern, bei denen das Zähneputzen zur Routine geworden war, dass ihr Kind kooperativer war.
- Mundhygienegewohnheiten der Eltern: Auch beim Zähneputzen sind die Eltern ein wichtiges Vorbild für ihre Kinder. Dabei „färbten“ nicht nur die Frequenz und Dauer des Zähneputzens ab, sondern auch die Art und Weise, z. B. ob eine Handzahnbürste oder ein elektrisches Modell verwendet wurde oder wie regelmäßig Kontrolluntersuchungen in der Zahnarztpraxis wahrgenommen wurden.
- familiäre und kulturelle Normen: Die eigenen Gewohnheiten und Erfahrungen in der Kindheit prägten das Verhalten der Eltern. Einige wollten ihre Kinder z. B. vor schlechten Erfahrungen bewahren, die sie selbst gemacht hatten. Zum Teil übernahm auch ein Elternteil das bessere Mundhygieneverhalten des anderen. Einige Eltern mit Migrationshintergrund berichteten, dass sie der Mundhygiene aufgrund kultureller Prägung weniger Bedeutung beimaßen und ihre Zahnarztpraxis eher bei Beschwerden als zur Vorbeugung aufsuchten. Beschwerden bei den Kindern motivierten manche Eltern dazu, die Mundhygiene ihrer Kinder zu verbessern.
- Verantwortungsdiffusion und mangelndes Wissen bei Gesundheitsfachkräften wie Familienhilfen, Kinder- und Hausärzten: Sie sind wichtige Ansprechpartner für Eltern, sind über das Thema Mundgesundheit aber zum Teil nicht ausreichend informiert und nannten in den Interviews sogar vereinzelt falsche Empfehlungen. Es war die Tendenz zu erkennen, dass die Verantwortung „weitergereicht“ wurde. Gleichzeitig hatten insbesondere Eltern mit Migrationshintergrund vermehrt offene Fragen und Zweifel, die auf diese Weise möglicherweise unbeantwortet blieben.
Fazit
Es wurde ein Bedarf an Zeit und Ressourcen festgestellt, um die Mundgesundheitsvorsorge für kleine Kinder zu verbessern und an die Lebenswirklichkeiten junger Eltern anzupassen. Die Autoren halten beispielsweise Kampagnen für geeignet, um die Aufmerksamkeit für das Thema zu erhöhen und Eltern dazu anzuregen, das Thema Mundhygiene bei Arztbesuchen aktiv aufzugreifen und ihre Fragen zu stellen.
Quellen:
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Goossens J1, Poppe L2, Lambert M3, Voortmans D4, Phlypo I3; Joline.Goossens@wgctvlot.be
1Community Health Centre 't Vlot, New Orleansstraat 271, Ghent, 9000, Belgium; 2Department of Public Health and Primary Care, Ghent University, Corneel Heymanslaan 10, Ghent, 9000, Belgium; 3Department of Oral Health Sciences, Ghent University, Corneel Heymanslaan 10, Ghent, 9000, Belgium; 4Department of Oral Health Sciences, KU Leuven, Kapucijnenvoer 7 blok a, Leuven, 3000, Belgium.
A qualitative study on the factors influencing oral health care for young children in Belgium.
BMC Public Health. 2025 Mar 15;25(1):1018. doi: 10.1186/s12889-025-22153-0