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Einschätzung der Säureproduktion durch verschiedene orale Mikroorganismen bei der Verwertung von Palatinose oder Leucrose

Eine Testreihe mit 100 Stämmen von Mundbakterien und 30 oralen Hefestämmen wirft die Frage auf, ob die Zuckerarten Palatinose und Leucrose eine höhere Kariogenität besitzen als bisher angenommen.

Ein Ansatz zur Kariesprävention besteht im Austausch von Saccharose durch weniger kariogene Süßungsmittel. Der ideale Zuckerersatz würde nicht nur sehr ähnliche Geschmacks- und Verarbeitungseigenschaften aufweisen wie Saccharose, sondern das mikrobielle Ökosystem der Mundhöhle allmählich weniger kariogen werden lassen. Zwei Substanzen, die diesen Anforderungen relativ nahe kommen, sind Palatinose und Leucrose. Im Unterschied zu den Zuckeralkoholen Xylit und Sorbit werden diese Substanzen vollständig im Dünndarm abgebaut und verursachen daher auch in größeren Dosen keine unerwünschten Nebenwirkungen wie Flatulenz und Diarrhoe. Tierexperimentell ließ sich eine wirksame Kariesprävention beobachten, wenn Saccharose durch Palatinose oder Leucrose ersetzt wurde. Ausgehend von diesen Beobachtungen hat eine zunehmende Zahl von Lebensmittelherstellern damit begonnen, Palatinose vor allem bei der Fabrikation von Backwaren einzusetzen.

Die bisherigen Untersuchungen zur Kariogenität von Palatinose und Leucrose beschränkten sich weitgehend auf die Verwertbarkeit dieser Substanzen durch Streptococcus mutans, dessen Fähigkeit zur Säureproduktion in Gegenwart von Saccharose gut bekannt ist. Neben S. mutans verfügen jedoch auch zahlreiche andere Mikroorganismen über die Fähigkeit, Saccharose in Monosaccharide zu spalten und/oder die Spaltprodukte unter Freisetzung kariogener Säuren zu verwerten. Mit der vorliegenden Studie sollte daher erstmals die Säureproduktion zahlreicher in der menschlichen Mundhöhle vorkommender Mikroorganismen bei der Verwertung von Palatinose, Leucrose, Saccharose und Glukose vergleichend untersucht werden.

Für die Versuche wurde ein Batch-Fermenter eingesetzt, um die Fähigkeit einer größeren Anzahl einzelner Bakterienstämme zur Verwertung verschiedener Zuckerarten zu bestimmen. Eine Verwertung wurde dann angenommen, wenn die Milchsäurekonzentration oder auch die Menge der Spaltprodukte anstieg, wobei Letzteres einen extrazellulären Abbau des jeweiligen Zuckers anzeigt. Zur Untersuchung kamen 100 verschiedene Bakterien-Stämme, die 44 Spezies repräsentierten. Daneben wurden 30 in der menschlichen Mundhöhle vorkommende Spezies von Hefepilzen mit einem Verfahren untersucht, welches deren Fähigkeit zur Assimilation von Zuckerarten nachwies.

Mit wenigen Ausnahmen waren alle geprüften Bakterienstämme in der Lage, Saccharose und Glukose in bedeutendem Umfang unter Freisetzung von Säuren zu verwerten. Leucrose wurde von 11 und Palatinose von 21 Stämmen verwertet, wobei 10 Stämme beide Zuckerarten zu verwerten vermochten. Alle geprüften Hefepilze waren in der Lage, Assimilate aus Glukose zu bilden. 25 der 30 Stämme vermochten Saccharose zu assimilieren und jeweils 18 assimilierten Palatinose bzw. Leucrose. Zwei Bakterienstämme, die in Gegenwart von Palatinose bzw. Leucrose ein besonders starkes Wachstum gezeigt hatten (Lactobacillus oris und Stomatococcus mucilaginosus), wurden anschließend in einem längeren Fermentierprozess weiter untersucht. Als Vergleichsorganismen dienten als kariogen bekannte Stämme von Streptococcus mutans und S. sobrinus. Alle vier Stämme verwerteten Glukose und Saccharose, während nur L. oris und S. mucilaginosus in der Lagen waren, Palatinose und Leucrose zu verwerten. Anhand der Abbauprodukte Glukose und Fruktose zeigte sich hierbei, dass diese beiden Organismen die Disaccharide Palatinose und Leucrose extrazellulär spalten können, um die resultierenden Monosaccharide anschließend zu verwerten.

Die mit den bekannten Plaque-Mikroorganismen S. mutans und S. sobrinus vorgenommenen Versuche bestätigen frühere Beobachtungen, wonach einige Stämme nicht in der Lage sind, Palatinose oder Leucrose zu verwerten. In menschlicher Zahnplaque sind bisher allerdings weit über 200 verschiedene Spezies von Mikroorganismen identifiziert worden. Wie diese Versuchsreihe zeigt, vermögen andere orale Mikroorganismen Palatinose und Leucrose in einem Umfang zu verwerten, dass in ihrer Umgebung ein kariogener pH-Wert von unter 5,5 erreicht wird. Die detaillierte Untersuchung zweier Stämme zeigt darüber hinaus, dass es zu einer extrazellulären Spaltung von Palatinose und Leucrose kommt, wodurch die Spaltprodukte Glukose und Fruktose als Substrat für zahlreiche orale Mikroorganismen verfügbar werden. Stomatococcus mucilaginosus, eine Spezies, über deren klinische Bedeutung insgesamt erst wenig bekannt ist, zeigte bei der Fermentierung von Palatinose außerdem die Fähigkeit zur Synthese extrazellulärer Polysaccharide. Diese Eigenschaft ist für die Fähigkeit zur Koloniebildung auf Zahnflächen von entscheidender Bedeutung.

Insgesamt scheint es hiernach mehr orale Mikroorganismen mit der Fähigkeit zur Verwertung von Palatinose und Leucrose zu geben, als bisher angenommen wurde. Dies könnte bedeuten, dass der Nutzen dieser Substanzen als weniger kariogene Alternative zur Saccharose begrenzt ist. Weitere Studien müssen zeigen, welche klinisch relevante Rolle jenen Mikroorganismen zukommt, die Palatinose und Leucrose unter Freisetzung von Säuren verwerten können.


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