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Kariesprävention durch Intensivfluoridierung

In einem Dialog haben Prof. Dr. Katrin Bekes (Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde, MedUni Wien) und Prof. Dr. Ulrich Schiffner (Uniklinikum Hamburg-Eppendorf) über die Möglichkeiten der Kariesprävention mithilfe topisch angewendeten Fluorids gesprochen. Die Intensivfluoridierung hat den Vorteil, dass sie unabhängig von der häuslichen Mundhygiene wirksam ist.

Die Ausgangslage: Hohe Prävalenz von Milchzahnkaries

Aus den deutschen Mundgesundheitsstudien weiß man, dass Karies zurückgegangen ist. Im Gegensatz zu älteren Kindern, bei denen ein Rückgang von 82 Prozent zu verzeichnen ist, profitieren Kinder im Alter von sechs bis sieben Jahren von dieser Entwicklung aber nur halb so stark (Rückgang um 40 Prozent).

Die Prävalenz von Milchzahnkaries bei den Sechs- bis Siebenjährigen beträgt etwa 44 Prozent, nur 58 Prozent davon ist behandelt.

Für die Prävention spielt Fluorid eine große Rolle: Allgemein ist zu beobachten, dass umso weniger Karies auftritt, je mehr Fluorid in der Zahnpasta verwendet wird. Um frühkindlicher Karies effizienter vorzubeugen, scheint über Zahnpasta hinaus eine Fluoridierung nötig zu sein. Dies ist auch in besonderen oralen Situationen der Fall, beispielsweise bei einer kieferorthopädischen Behandlung.

Deshalb liegt ein weiterer Fokus auf der Anwendung von hochdosiertem Fluorid in Lacken und Gelen. Je nach Anwendung handelt es sich dabei um Produkte für den professionellen Bereich oder für die Eigenanwendung.

Fluoridlack

Duraphat enthält 22.600 ppm Fluorid für die Kariesprävention in allen Altersgruppen (für besondere Fälle bis zu 50.000 ppm). Zusätzlich wird der Lack bei einem erhöhten Risiko zur Intensivprophylaxe angewendet, beispielsweise bei Senioren mit freiliegenden Wurzeloberflächen zur Prävention von Wurzelkaries oder bei überempfindlichen Zahnhälsen.

Die Kariesreduktion durch Fluoridlack liegt unabhängig von anderen Maßnahmen der Fluoridierung bei 43 Prozent, wenn dieser zwei- oder mehrmals pro Jahr verwendet wird. Auch hier gilt: Je mehr Fluorid, umso größer der Effekt.

Die Kariesreduktion im Milchgebiss beträgt 37 Prozent. Die zweimalige Anwendung von Lack konnte Initialkaries nach neun Monaten reduzieren: Aktive Läsionen wurden bei 81 im Vergleich zu 38 Prozent in der Kontrollgruppe inaktiviert. Dies ist auch durch gutes Zähneputzen möglich; dann hat Fluoridlack keinen zusätzlichen Effekt. Aus Sicht von Zahnärzten ist die Verwendung von Fluoridlack vorteilhaft, da sie keine Eigeninitiative bzw. Compliance der Eltern und Kinder erfordert.

Die Wirkungsweise ist anders als bei Fluorid in Zahnpasta: Durch die Lackbasis „klebt“ das Fluorid auf der Zahnoberfläche und wird nach und nach freigesetzt. Es erfolgt eine gezielte Applikation auf Risikoflächen, sodass das Remineralisierungspotential insbesondere bei Initialkaries groß ist.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat 2019 Fluoridlack als Leistung für Kinder zwischen dem 6. und 34. Monat unabhängig von Initialkaries zweimal pro Jahr in den Leistungskatalog aufgenommen. Die Entscheidung basiert auf einer Analyse der Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen[1]. Unter den Dreijährigen ist die Kariesprävalenz mit 14 Prozent zwar noch niedrig, die Anwendung nach dem „Gießkannenprinzip“ wird jedoch damit begründet, dass das Risiko für frühkindliche Karies mit dem Alter steigt. Man hat also nicht nur diese Altersgruppe im Blick, sondern auch die stärker betroffenen Sechs- bis Siebenjährigen.

Wie ist das toxische Risiko für Kleinkinder?

Die untere toxische Grenze für Fluorid beträgt fünf Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Bei dieser Dosis kommt es zu ersten Symptomen wie Übelkeit und Erbrechen.

Eine Applikation Fluoridlack (250 µl) enthält insgesamt 5,7 Milligramm Fluorid, bei wenigen Zähnen reicht die Hälfte. Damit liegt man also weit unterhalb der unteren toxischen Grenze.

Eine andere Nebenwirkung ist Fluorose. Dazu gibt es bisher nur eine Studie, in der in der Interventions- und Kontrollgruppe gleich viele Fluorosen auftraten.

Auch der Alkoholgehalt der Lacke ist unbedenklich, da nur kleinste Mengen eingesetzt werden.

Gelees und Gele

Sie enthalten 12.500 ppm Fluorid und sind für die Eigenanwendung einmal pro Woche gedacht. Diese Produkte dürfen erst ab sechs Jahren verwendet werden, damit nicht zu viel Fluorid verschluckt wird.

Die Kariesreduktion durch diese Produkte beträgt unabhängig von anderen Maßnahmen 25 bis 28 Prozent, in Milchzähnen etwa 20 Prozent.

Der Hersteller empfiehlt, den Mund nach der Anwendung auszuspülen. Aus zahnärztlicher Sicht wäre Ausspucken ohne Nachspülen besser, sofern das Kind das toleriert.

Bei älteren Erwachsenen, z. B. bei Karies durch Strahlentherapie, können Gelees und Gele bis zu viermal jährlich beim Zahnarzt in Schienen angewendet werden.

 

Basisprophylaxe

Zahnpasta 1000 ppm

Spätestens ab 12 Monaten zweimal pro Tag

Junior-/Erwachsenen-Zahnpasta

Ab dem Schulalter zweimal pro Tag

Kochsalz mit Fluorid

 

Bei erhöhtem Kariesrisiko

Fluoridlack

Zwei- bis viermal pro Jahr

Gelee

Zu Hause ab dem Schulalter

Spüllösungen mit Fluorid

Ab dem Schulalter

Hochkonzentrierte Zahnpasta

Wurzelkariesprophylaxe

Tabelle: Praxiskonzept mit individuellen Konzepten für die Kariesprävention mit Fluorid

Quelle:
______________________________________

Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (22.-24.2022, Hamburg), Gefördert durch CP Gaba.

IME 16-10271

 


[1] [N17-03] Bewertung einer Fluoridlackapplikation im Milchgebiss zur Verhinderung des Voranschreitens und des Entstehens von Initialkaries bzw. neuer Kariesläsionen - Rapid Report. https://www.iqwig.de/projekte/n17-03.html


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