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Kariespräventiver Effekt von Kaugummi mit Zuckeraustausch

In einer 3-jährigen Vergleichsstudie wird an Schulkindern der kariespräventive Einfluss von Kaugummi mit unterschiedlichen Süßungsmitteln untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Kariesprävention auf das Kauen an sich und weniger auf das verwendete Süßungsmittel zurückzuführen ist.

Die Zuckeralkohole Sorbit und Xylit gelten aufgrund ihrer nicht- oder nur geringfügig acidogenen Wirkung als geeignet zum Austausch von Zucker in Kaugummi. Die nicht-acidogene Wirkung wurde in telemetrischen Studien an Zahnplaque belegt. In Vergleichsstudien mit Kindern erwies sich zuckerfreies Kaugummi nicht nur als dem zuckerhaltigen überlegen; die Kariesinzidenz lag auch niedriger als bei Kindern, die kein Kaugummi erhielten, was auf eine kariesprotektive Wirkung der Polyole zurückgeführt wird. Der Einfluss, den das Kauen selbst und damit die vermehrte Speichelabsonderung ausüben könnte, blieb weitgehend unberücksichtigt. Nach neueren Hypo-thesen sollen Speichelinhaltsstoffe, genannt wird Harnstoff, den Anti-Karies-Effekt der Polyole noch verstärken.

Die vorliegende Studie geht der Frage nach, ob das regelmäßige Kauen von zuckerfreiem Kaugummi mit unterschiedlichen Inhaltsstoffen unter Langzeit-Praxisbedingungen (3 Jahre) die Kariesinzidenz von Schulkindern beeinflusst und wie hoch die Bereitschaft zur Mitarbeit (Compliance) bei Kindern, Lehrern und Eltern ist.

Testpersonen sind 11-12-jährige Jungen und Mädchen aus fünf Schulen im Stadt-bereich von Kaunas/Litauen. Trinkwasser-Fluoridierung findet in Kaunas nicht statt. Vor Beginn der Studie sowie nach 1, 2 und 3 Jahren (= Ende der Studie) werden die Kinder eingehend zahnärztlich untersucht; der DMFS-Index wird ermittelt. Außerdem werden am Anfang und am Ende der Studie Röntgenaufnahmen des Ober- und Unterkiefers angefertigt. Die Kinder werden fünf Testgruppen zugeordnet, je Schule eine Gruppe:

Schule A: Kaugummi, 1 Stück 297mg Kaumasse, 569mg Sorbit + 20mg Harnstoff,

Schule B: Kaugummi, 1 Stück 297mg Kaumasse, 589mg Sorbit,

Schule C: Kaugummi, 1 Stück 297mg Kaumasse, 589mg Xylit,

Schule D: Kaugummi, 1 Stück 834mg Kaumasse, ca. 2 mg Acesulfam K + Saccharin

(= Positivkontrolle),

Schule E: kein Kaugummi (= Negativkontrolle).

Jede Gruppe besteht aus ca. 120 Kindern (Gesamt n der klinischen Untersuchung = 602, der Röntgenuntersuchung = 592), von denen 432/365 bis zum Ende der Studie dabei bleiben. Die Kaugummi sind einheitlich aromatisiert und verpackt; sie werden über die Lehrer als Tagesration abgegeben, für Wochenende, Feiertage und Ferien entsprechend mehr. Die Studie wird im Doppelblindverfahren durchgeführt. Die Kinder sollen täglich fünf Stück Kaugummi oder mehr kauen, jeweils nach den Mahlzeiten für mindestens 10 Minuten. Die Menge an Sorbit/Xylit ist so gewählt, dass auch bei überreichlichem Verzehr keine osmotische Diarrhö zu erwarten ist. Über einen anonymisierten Fragebogen, der nur nach Schule (= Gruppe) gekennzeichnet ist, werden die Kinder 4-mal während der Testzeit zur Compliance befragt (Häufigkeit und Zeitpunkt der Einnahme, Kaudauer).

Die Ausgangs-DMFS, berechnet nach den Ergebnissen der klinischen Untersu-chung, sind mit durchschnittlich 14,1?8,6 in allen beteiligten Schulen hoch. Sie steigen in den drei Jahren der Studie in den Schulen A-E um 11,8; 9,0; 8,1; 8,3 bzw. 12,4, wobei der Anstieg in den Schulen B, C und D signifikant niedriger liegt als in den Schulen A und E. Die multivariable Regressions-Analyse der Daten zeigt eine deutliche Korrelation zwischen den Ausgangs-DMFS und dem Risiko, weitere DMFS zu entwickeln. Kinder mit Ausgangs-DMFS im oberen Viertel haben ein ca. 5-fach höheres, im 2. Viertel ein mehr als doppeltes Risiko, weitere DMFS zu entwickeln als Kinder mit Aus-gangs-DMFS im unteren Viertel. Die DMFS der Kinder, die im ersten Jahr aus der Stu-die ausschieden, liegt vorwiegend im oberen Viertel. Nach Einschätzung der Autoren geben die ermittelten Daten daher die Situation in der untersuchten Altersgruppe eher zu günstig wieder.

Auffallend ist, dass sich die gemessenen Zahnparameter in den Schulen D (Kaugummi mit Süßstoffen, ohne Polyole) und B und C (Kaugummi mit Sorbit bzw. Xylit) nicht signifikant unterscheiden. In allen 3 Schulen ist der Anstieg von DMFS niedriger als in Schule E, die kein Kaugummi erhielt. Der aus anderen Studien abgeleitete ka-riostatische Effekt von Xylit wurde nicht gefunden. Der Kauvorgang selbst scheint somit wichtiger zu sein als das jeweilige Süßungsmittel. Die Autoren gehen davon aus, dass der höhere Anteil an Kaumasse und die dadurch bedingte festere Konsistenz des Kaugummis die Speichelproduktion zusätzlich stimuliert, was sich günstig auf den DMFS-Index auswirkt. Der hohe DMFS-Anstieg in Schule A (Kaugummi mit Sorbit + Harnstoff) ist unerwartet; eine Interaktion zwischen Sorbit und Harnstoff mit niedrigerem Plaque-pH-Wert wird ausgeschlossen.

Die Compliance der Kinder nimmt erwartungsgemäß im Verlauf der Studie ab. Nach eigenen Angaben behalten diejenigen, die bis zum Ende dabei bleiben, jedoch die Einnahme der 3 Stück Kaugummi/d in der Schule bei. Die hohe Ausfallquote (jedes 3. Kind) wird auf unterschiedliche, teils nicht vorhersehbare Ursachen zurückgeführt, u.a. Bedenken der Eltern bei Röntgenuntersuchungen und Schulwechsel der Kinder.

Die Studie zeigt, dass regelmäßiges Kaugummi-Kauen das Auftreten von Zahnkaries günstig beeinflussen kann, unabhängig von der Art des (zuckerfreien) Süßungsmittels. Der in der vorliegenden Studie erzielte Effekt (5-35% Reduktion) ist allerdings geringer als mit anderen einfachen Präventionsmaßnahmen, z. B. Zähneputzen mit Fluoridzahnpasta. Die hohe Karies-Inzidenz zu Beginn der Studie deutet auf kariesfördernde Faktoren im Umfeld der Kinder hin, die durch die Kaumaßnahmen allein nicht beeinflußbar sind.


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