Informationskreis Mundhygiene und Ernährungsverhalten

Gut lachen mit gesunden Zähnen

Richtige Mundhygienefür gesunde Zähne und vitales Zahnfleisch

Unbeschwert essen, trinken und lachen mit gesunden Zähnen

Kariesrückgang bei Vorschulkindern aus Familien mit niedrigem Sozialstatus und mit Migrationshintergrund in Hamburg

In Deutschland und zahlreichen anderen Ländern hat Karies bei Kindern in den vergangenen Jahrzehnten stark abgenommen. Viele Studien zeigen jedoch, dass die Karieslast bei Kindern je nach familiärem Sozialstatus unterschiedlich hoch ist. Trends, die sich aus mehreren Querschnittsstudien in Hamburg ablesen lassen, zeigen, dass die Karieslast bei Kindern mit Migrationshintergrund und jenen aus benachteiligten Familien weiterhin im Vergleich höher ist. Doch auch sie haben von den Maßnahmen der vergangenen Jahre profitiert.

Starker Karies-Rückgang bei Kindern – jedoch ungleich verteilt

Zwischen 1989 und 2014 – in nur zweieinhalb Jahrzehnten – ging der Kariesindex (DMFT[1]) in Deutschland bei Zwölfjährigen von 4,1 auf 0,4 zurück. Auch im Milchgebiss ist ein Kariesrückgang zu beobachten, wenn auch von deutlich geringerem Ausmaß: Binnen zwei Jahrzehnten sank der Kariesindex (dmft) bei sechs- bis siebenjährigen Kindern von 2,9 auf 1,7.

Diese Entwicklung zeigt sich international in vielen Ländern, allerdings wird in zahlreichen Studien ein sozialer Gradient der Karieserfahrung beschrieben. So haben Kinder aus Familien mit einem niedrigeren sozioökonomischen Status (SES) meist eine schlechtere Zahngesundheit als Kinder aus besser gestellten Familien. Eine ähnlich ungleiche Verteilung der Karies findet sich auch bei Kindern mit und ohne Migrationshintergrund. Es wurde jedoch bisher kaum untersucht, ob und wie stark Karies bei Kindern mit einem niedrigeren SES oder mit Migrationshintergrund zurückgegangen ist.

Über Jahrzehnte mit der gleichen Methodik gesammelte Datensätze aus detaillierten kariesepidemiologischen Erhebungen in Kindergärten und Kindertagesstätten in Hamburg ermöglichen eine entsprechende Analyse.

Fünf Querschnittsuntersuchungen aus Hamburger Kitas

Über einen Zeitraum von insgesamt 39 Jahren wurden in den Jahren 1977, 1987, 1993, 2006 und 2016 kariesepidemiologische Querschnittsstudien bei drei- bis sechsjährigen Kindern in Hamburger Kindertagesstätten durchgeführt. Mit Ausnahme der Studie aus dem Jahr 2016 basieren die Daten auf jeweils mehr als 1500 untersuchten Kindern. Für die erste Befragung wurden die teilnehmenden Kindertagesstätten in allen Hamburger Stadtteilen nach dem Zufallsprinzip ausgewählt. Die Kitas waren gleichmäßig über das Stadtgebiet verteilt und in ihnen wurden, soweit möglich, auch die anschließenden Erhebungen durchgeführt. Die Untersuchungen erfolgten durch geschultes Personal. Karies wurde visuell nach Kriterien der Weltgesundheitsorganisation beurteilt, wobei auch Initialkaries erfasst wurde. Zusätzlich beantworteten die Eltern Fragen, aus denen sich der soziale Status der Familie und ein möglicher Migrationshintergrund ableiten ließ. Für die Zuordnung zu einer von drei sozialen Schichten wurde der Beruf bzw. der Schulabschluss der Eltern herangezogen.

Trends der Karieslast seit 1977 nach Sozialstatus

Die Kariesprävalenz sank nach WHO-Kriterien von 58,4 auf 22,7 Prozent und die Karieserfahrung von 2,6 auf 0,8 (dmft). Auch unter Berücksichtigung von beginnender Karies haben sich die Werte deutlich reduziert (Kariesprävalenz von 91,0 auf 44,4 %; dmft von 6,4 auf 1,8). Bei den Kindern aller sozialen Schichten war ein deutlicher Kariesrückgang zu beobachten. Dennoch bleiben deutliche Unterschiede in der Kariesprävalenz und Karieserfahrung zwischen den Kindern aus den unterschiedlichen sozialen Schichten für jede Erhebung erkennbar. So weisen die Kinder aus Familien mit einem hohen Sozialstatus einen Kariesrückgang von 1,6 auf 0,4 auf, während bei den Kindern mit niedrigem Sozialstatus Karies von 3,3 auf 1,9 zurückging. Bezieht man Initialkaries in die Analyse mit ein, sind der Kariesrückgang und der Unterschied zwischen den sozialen Schichten geringer. Der Kariesverlauf inklusive beginnender Karies zeigte für Kinder mit hohem SES seit 1993 keine weitere Verbesserung mehr, während sich die Werte für Kinder mit mittlerem und niedrigem SES weiter zum Positiven veränderten.

Karieslast zwischen 1987 und 2016 bei Migrationshintergrund

Bei allen Untersuchungen wiesen Kinder mit Migrationshintergrund signifikant höhere Prävalenzraten und einen höheren Kariesindex (dmft) auf. Der Vergleich zeigt aber auch, dass alle Kinder, unabhängig vom Migrationshintergrund, an der Verbesserung der Zahngesundheit teilhatten. Das Ausmaß der Verbesserung war sowohl bei der Kariesprävalenz als auch bei der Karieserfahrung bei Kindern mit und ohne Migrationshintergrund etwa gleich. Beim Vergleich des zeitlichen Verlaufs der dmft-Werte scheint sich der Abstand zwischen den Gruppen zu minimieren.

Schlussfolgerung

Vorschulkinder aus Familien mit einem niedrigen Sozialstatus oder mit Migrationshintergrund sind bei der Verbesserung der Zahngesundheit nicht zurückgeblieben, sondern haben etwa in der gleichen Größenordnung wie andere Kinder von Maßnahmen zur Kariesprävention profitiert. Dennoch gibt es bei ihnen weiteres Verbesserungspotential.

Quellen:
____________________

Schiffner U.; schiffner@uke.de

Center for Dental and Oral Medicine, Department for Periodontology, Preventive and Restorative Dentistry, University Medical Center Hamburg-Eppendorf (UKE), Martinistraße 52, 20246 Hamburg, Germany.

Caries Decline in Preschool Children from Low Social Classes and with Migration Background in Hamburg, Germany: Outcome from Repeated Cross-Sectional Caries Epidemiological Studies.

J Clin Med. 2022 Jul 22;11(15):4251. doi: 10.3390/jcm11154251.

 


[1] DMFT (bleibende Zähne)/dmft (Milchgebiss): Anzahl der Zähne (T = teeth), die eine kariöse Läsion besitzen (D = decayed), aufgrund von Karies gezogen wurden (M = missing) oder nach Füllungstherapie einer kariösen Läsion mit einer Füllung versorgt wurden (F=filled).


Auf dem Laufenden bleiben

Sie können den Wissenschaftlichen Informationsdienst (WID) als E-Mail-Newsletter (erscheint viermal jährlich) kostenlos abonnieren. Melden Sie sich dafür hier an: