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Kein Hinweis auf Neurotoxizität durch übliche Fluorid-Mengen

Wissenschaftler aus ganz Deutschland haben die vorhandene Evidenz für einen neurotoxischen Effekt von Fluorid auf die menschliche Entwicklung kritisch bewertet. Dafür haben sie Daten aus epidemiologischen Studien, Tierversuchen und In-vitro-Analysen untersucht und die aktuelle Datenlage zusammengefasst. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass die Mengen an Fluorid, denen die europäische Bevölkerung aussetzt ist, keine schädigende Wirkung auf das Nervensystem haben.

 

Jahrzehntelange Diskussion um Fluorid

Seit den 1940er Jahren wird Fluorid in einigen Ländern zur Kariesprävention im Trinkwasser eingesetzt, und seitdem wird darüber diskutiert, ob sich dies negativ auf die Gesundheit auswirkt. Zuweilen wird Fluorid sogar in eine Reihe mit toxischen Metallen wie Blei, Methylquecksilber, Arsen und polychlorierten Biphenylen gestellt, und in den vergangenen Jahren haben epidemiologische Studien angedeutet, dass eine Fluoridexposition vor allem während der Schwangerschaft die Intelligenz bei Kindern reduzieren könnte.

Wenn diese Behauptungen zutreffen sollten, müsste die weit verbreitete Fluoridierung von Trinkwasser und die weltweite Verwendung von Fluorid in Mundhygieneprodukten wie Zahnpasta neu überdacht werden. Deshalb haben die Autoren dieses Reviews die verfügbare Literatur überprüft und mögliche Gesundheitsrisiken durch Fluorid kritisch bewertet.

Wieviel Fluorid nehmen wir täglich auf und wo liegen die Grenzen?

Fluorid kommt natürlicherweise im Körper vor, es sind jedoch keine essenziellen Funktionen von Fluorid in Zellen oder Geweben bekannt. Eine komplette Vermeidung der Aufnahme ist kaum möglich, da Fluorid sich in Lebensmitteln und Trinkwasser befindet. Von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) wurde 2013 für Kinder und Erwachsene eine Aufnahme von 50 μg/kg KG/Tag als angemessen definiert. In der EU beträgt die durchschnittliche Fluoridaufnahme aus Wasser 1,86 μg/kg KG/Tag und die Aufnahme aus Lebensmitteln 5–28 μg/kg KG/Tag. Zahnpasta hat daran bei Erwachsenen einen Anteil von ungefähr 1,4 μg/kg KG/Tag und bei Kindern von etwa 11,5 μg/kg KG/Tag.

Fluoridkonzentrationen, die bei gesunden Erwachsenen im Plasma gemessen wurden, schwankten zwischen 0,4 und 3 μM. Zellkulturversuche mit neuronalen Zellen, ihren Vorläufern oder  Stammzellen, bei denen Zytotoxizität oder andere Parameter wie z. B. Veränderungen der Genexpression gemessen wurden, ergaben messbare Ergebnisse in einem Bereich zwischen 0,1 und 4 mM, was mindestens 33-fach höher liegt als die höchste gemessene Plasma-Fluoridkonzentration. Im menschlichen Gehirngewebe sind die Fluoridkonzentrationen Studien zufolge niedriger als im Plasma.

Besteht ein Zusammenhang zwischen Fluorid und dem Intelligenzquotienten?

In einer Reihe von Tierversuchen wurden – meist mit extrem hohen Fluorid-Dosen, die in der Realität nicht erreicht werden – Hinweise auf Beeinträchtigungen des Lernens und des Gedächtnisses durch Fluorid mit einem geringen bis mäßigen Evidenzgrad festgestellt. Qualitativ hochwertige Studien ohne Bias, die in realistischen Konzentrationsbereichen durchgeführt wurden, gibt es kaum. Bei trächtigen Ratten, die eine Ernährung mit hohem und niedrigen Fluorid-Gehalt sowie Trinkwasser mit bis zu 20 mg/L Fluorid erhielten, wurden keine Unterschiede bei den Nachkommen in Bezug auf die motorische, sensorische oder Lern- und Gedächtnisleistung durch eine hohe oder niedrige Fluoridaufnahme beobachtet. Auch die histologische Untersuchung von Hirngewebe ergab keine entsprechenden Hinweise.

In den vergangenen Jahren haben epidemiologische Studien viel Aufmerksamkeit erregt, die einen Zusammenhang zwischen niedrigerer Intelligenz und einer hohen Fluoridexposition beschreiben. Seit 2012 wurden die Ergebnisse von 23 Studien veröffentlicht, darunter zwei prospektive und eine Langzeitstudie. Die restlichen 20 waren Querschnittsstudien, die keine Kausalität aufzeigen oder belegen können. 21 der Studien kamen zu dem Ergebnis, dass der Intelligenzquotient (IQ) bei höherer Fluoridaufnahme geringer ist, zwei konnten keinen Zusammenhang feststellen.

Nur zwei Studien wurden in Regionen durchgeführt, in denen der Fluoridgehalt im Trinkwasser kontrolliert und konstant auf maximal 1,5 mg/L gehalten wurde. Die restlichen Studien stammten aus Gegenden mit einem natürlichen Fluoridgehalt von bis zu 18 mg/L. Wasser, das viel Florid (F-) enthält, ist jedoch auch häufig durch positiv geladene Metalle wie Aluminium, Zink, Arsen, Blei oder Quecksilber verunreinigt, die sich ebenfalls auf die Intelligenz auswirken können. Ein Großteil der Studien wurde in ländlichen Gegenden in Indien (13), China (4) und im Iran (2) durchgeführt, wo Umweltstandards schlecht sind und das Wasser nicht kontrolliert wird. Hier kommen weitere Störfaktoren wie ein schlechteres Gesundheits- und Bildungssystem sowie ein geringer sozioökonomischer Status zum Tragen. Nur elf Studien berücksichtigten diese in irgendeiner Weise. In einigen Studien wurde zudem direkt vom Fluoridgehalt im Trinkwasser auf die Exposition geschlossen, ohne die getrunkene Menge zu bestimmen oder Urinproben korrekt zu untersuchen.

Die beiden prospektive Studien, in denen Regionen mit unterschiedlichem Fluoridgehalt im Trinkwasser verglichen wurden, kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen: In einer Studie aus Neuseeland wurden unter Berücksichtigung wichtiger Störfaktoren keine Unterschiede beim IQ von mehr als 1000 Personen im Alter von 7 bis 13 und 38 Jahren beobachtet. Eine Studie aus Kanada kam unter 601 Mutter-Kind-Paaren zu dem Ergebnis, dass eine höhere Fluoridexposition während der Schwangerschaft, gemessen durch Urinproben der Mutter, bei den männlichen Nachkommen den IQ um knapp 5 Punkte pro 1mg/L Fluorid senkt (95% CI ‑8,38/‑0,60). Bei weiblichen Nachkommen war der IQ dagegen tendenziell höher (95% CI ‑2,53/7,33). Sowohl Kinder aus der Region mit und ohne Trinkwasserfluoridierung erreichten einen IQ von durchschnittlich 108,07 bzw. 108,21.

Fazit

Experimentelle Beweise legen nahe, dass selbst Personen mit einer hohen Fluoridaufnahme keine Werte erreichen, die in vitro oder bei Tieren zu nachteiligen Auswirkungen führen. Die Diskrepanz zwischen den experimentellen und epidemiologischen Ergebnissen kann mit methodischen Mängeln begründet werden, die bei den meisten epidemiologischen Studien vorliegen. Sie betreffen vor allem die angemessene Berücksichtigung potenzieller Störfaktoren wie z. B. sozioökonomischem Status, Wohnort, Stillen, geringem Geburtsgewicht, mütterlicher Intelligenz und Exposition gegenüber anderen neurotoxischen Chemikalien. Es gibt nur zwei prospektive Kohortenstudien, die zu widersprüchlichen Ergebnisse gekommen sind. Insgesamt stützen die vorliegenden Ergebnisse nicht die Annahme, dass Fluorid bei der derzeitigen Aufnahme in europäischen Ländern als neurotoxisch für die menschliche Entwicklung angesehen werden sollte.

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Quellen:

Guth S, Hüser S, Roth A, et al. hengstler@ifado.de

Department of Toxicology, Leibniz Research Centre for Working Environment and Human Factors (IfADo), Dortmund, Germany.

Toxicity of fluoride: critical evaluation of evidence for human developmental neurotoxicity in epidemiological studies, animal experiments and in vitro analyses.

Arch Toxicol. 2020;94(5):1375-1415. doi:10.1007/s00204-020-02725-2

IME 16-10227


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