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Nachhaltigkeit in der Zahnmedizin durch Prävention

In der Zahnmedizin wird Nachhaltigkeit in hohem Maße durch Vorbeugung erreicht, die einen lebenslangen Zahnerhalt zum Ziel hat. Ein gutes Beispiel dafür ist der Kariesindex (DMFT) bei Zwölfjährigen, der von 4,1 im Jahr 1989 auf 0,44 im Jahr 2016 gesunken ist – ein Rückgang um 89 Prozent. Wie groß die Rolle von Fluorid dabei ist, beleuchtete Prof. Dr. Stefan Zimmer auf der 31. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnmedizin (DGKiZ) in Erlangen.

Kariesprävention auf mehreren Ebenen

Die Kariesvorbeugung spielt sich auf mehreren Ebenen ab: zu Hause durch eine geeignete Mundhygiene und Ernährung, in der Gruppe (Kindergarten und Schule), professionell in Zahnarztpraxen sowie kollektiv durch Maßnahmen wie eine Fluoridierung von Speisesalz.

Beiträge zur Prävention lieferten u. a. politische Maßnahmen wie die Einführung der Gruppenprophylaxe (1989), die von gesetzlichen Krankenkassen übernommenen zahnmedizinischen Untersuchungen und Maßnahmen für Kinder und Jugendliche, die ab dem 34. Lebensmonat beginnen, eine Erhöhung des Fluoridgehalts in Zahnpasten und fluoridiertes Speisesalz, aber auch das gestiegene Bewusstsein in der Bevölkerung.

Nutzen der Prävention durch Fluorid

Der Nutzen der einzelnen Maßnahmen ist mittlerweile gut belegt. Die Mundhygiene ist zwar selten perfekt, doch dies wird durch die Verwendung von fluoridhaltiger Zahnpasta weitgehend aufgefangen: Sie hemmt Karies zu über 40 Prozent.[1] Die rein mechanische Reinigung ohne Fluorid beugt dagegen nur Gingivitis und Parodontitis vor, aber nicht Karies.

Fluoridiertes Speisesalz liefert ebenfalls einen wichtigen Beitrag. Beispielsweise verhinderte nur eine Mahlzeit mit fluoridiertem Speisesalz täglich bei Kindern in Gambia Karies zu 66 Prozent.[2] Der Vorteil dieser Maßnahme ist, dass keine Compliance nötig ist und auch Menschen mit geringem sozioökonomischen Status erreicht werden. Allerdings ist der Fluoridzusatz nur bei Packungsgrößen von bis zu einem Kilogramm Speisesalz erlaubt, die in Bäckereien und Großküchen nicht verwendet werden.

Die Gruppenprophylaxe in Kindergarten und Schule hat den Vorteil, nahezu alle Kinder zu erreichen – darunter auch diejenigen, bei denen zu Hause die Zähne nicht geputzt werden.

Eine weitere Säule sind die zahnärztlichen Maßnahmen. So liegt die Karieshemmung durch Fluoridlack zwischen 31 und 55 Prozent. Sie muss nicht bei jedem Kind eingesetzt werden, ist bei hohem Kariesrisiko aber sinnvoll. Der Nutzen der Fissurenversiegelung ist ebenfalls gut belegt: Die Karieshemmung beträgt 75 Prozent über 15 Jahre.[3]

Wie wirksam sind die Maßnahmen?

Für den Einsatz der begrenzten Mittel des Gesundheitswesens spielt es eine wichtige Rolle, wie effizient die Maßnahmen sind. Die Prävention eines kariösen Zahns kostet in der Individualprophylaxe 700 Euro, zeigt aber die beste Effektivität. Die Gruppenprophylaxe ist mit 164 Euro am effizientesten, Fluoridsalz mit 5 Euro am günstigsten.[4]

Frühkindliche Karies – immer noch ein Problem

Der Kariesrückgang im Milchgebiss beträgt seit 1997 nur 28 Prozent, und 14 Prozent der Dreijährigen haben einen durchschnittlichen Kariesindex (dmft) von 3,5. Deshalb wurden 2018 neue Empfehlungen zu Früherkennungsuntersuchungen ausgesprochen und der Fluoridgehalt in Kinderzahnpasta auf 1.000 ppm erhöht, dem wichtigsten Produkt für die häusliche Anwendung.

Die Fluoridwirkung ist nahezu ausschließlich lokaler Natur: Fluorid verhindert, dass Calcium bei Säurewirkung aus dem Apatit der Zähne verloren geht. Dafür ist der direkte Kontakt mit der Oberfläche des durchgebrochenen Zahnes ausreichend, Fluorid muss also nicht systemisch aufgenommen werden. Dann ist auch das Risiko einer Fluorose gering. Dieses ist bis zum Alter von zwei Jahren am größten, weshalb für diese Altersgruppe nur eine reiskorngroße Menge Fluoridzahnpasta empfohlen wird. Danach sinkt das Risiko kontinuierlich, bis es mit dem Durchbruch der Sechsjahr-Molaren vollständig ausgeräumt ist. In dieser Zeit wird eine erbsengroße Menge Fluoridzahnpasta zum Zähneputzen empfohlen.

Ist Fluorid gesundheitsschädlich?

Zunächst einmal darf Fluorid, das natürlicherweise im Körper vorkommt, nicht mit dem giftigen Fluor verwechselt werden. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt eine Fluoridzufuhr pro Tag vom vierten Lebensmonat bis zum Alter von zwölf Jahren von 0,5 bis 1,1 Milligramm. Tatsächlich liegt die Zufuhr bei 0,2 bis 0,4 Milligramm pro Tag, sie ist also eher zu niedrig.

Akute Vergiftungserscheinungen sind ab einer Aufnahme von 100 Milligramm bzw. 5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht zu erwarten. 100 Milligramm entsprechen einer ganzen Tube Zahnpasta für Erwachsene. Laut einer Befragung des Leiters der Giftnotzentrale Göttingen kam es in 26 Jahren zu 1696 Fällen mit Verschlucken von Zahnpasta – fast alle symptomlos oder mit leichten Magen-Darm-Symptomen, nur einmal gab es mehrfaches Erbrechen.

Beim Auftragen von hochdosiertem Fluoridlack in der Zahnarztpraxis oder bei der Gruppenprophylaxe in Kindergärten und Schulen wird eine Dosis von 5 bis 23 Milligramm verabreicht, allerdings wird das Fluorid aus dem Lack sehr langsam freigesetzt, so dass keine Spitzenkonzentrationen erreicht werden. Die Karieshemmung beträgt dagegen bei zweimaligem Auftrag pro Jahr bis zu 55 Prozent.

In den Medien wurde über einen Zusammenhang der Fluoridaufnahme mit dem Intelligenzquotienten berichtet. Dem liegen Studien aus Mexiko und Kanada zugrunde, in denen das Trinkwasser mehr als 1,5 mg/l Fluorid enthält. Hierzulande wird eine solch hohe Fluoridaufnahme nicht erreicht, und darunter wurde keine Neurotoxizität nachgewiesen. Aus diesem Grund haben die Ergebnisse für Europa keine Relevanz.[5](s. auch IME 16-10227)

Quellen:
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Prof. Dr. med. dent. Stefan Zimmer, Fakultät für Gesundheit (Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde), Universität Witten/Herdecke

31. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnmedizin (DGKiZ), 26.-28.09.2024 in Erlangen

Nachhaltigkeit durch Prävention; Bedeutung der Fluoride in der Kinderzahnheilkunde

 

[1] Marinho VC, Higgins JP, Sheiham A, Logan S. Fluoride toothpastes for preventing dental caries in children and adolescents. Cochrane Database Syst Rev. 2003;2003(1):CD002278. doi: 10.1002/14651858.CD002278.

[2] Jordan RA, Schulte A, Bockelbrink AC, Puetz S, Naumova E, Wärn LG, Zimmer S. Caries-Preventive Effect of Salt Fluoridation in Preschool Children in The Gambia: A Prospective, Controlled, Interventional Study. Caries Res. 2017;51(6):596-604. doi: 10.1159/000479892.

[3] Simonsen RJ. Retention and effectiveness of dental sealant after 15 years. J Am Dent Assoc. 1991 Oct;122(10):34-42. doi: 10.14219/jada.archive.1991.0289.

[4] Strippel H. Mundgesundheit für alle – wie kann zahnmedizinische Public Health in Deutschland nachhaltig gestärkt werden? [Oral health for all-how can the development of dental public health in Germany be sustainably enhanced?]. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2021 Jul;64(7):879-887. German. doi: 10.1007/s00103-021-03360-7.

[5] Guth S, Hüser S, Roth A, Degen G, Diel P, Edlund K, Eisenbrand G, Engel KH, Epe B, Grune T, Heinz V, Henle T, Humpf HU, Jäger H, Joost HG, Kulling SE, Lampen A, Mally A, Marchan R, Marko D, Mühle E, Nitsche MA, Röhrdanz E, Stadler R, van Thriel C, Vieths S, Vogel RF, Wascher E, Watzl C, Nöthlings U, Hengstler JG. Toxicity of fluoride: critical evaluation of evidence for human developmental neurotoxicity in epidemiological studies, animal experiments and in vitro analyses. Arch Toxicol. 2020 May;94(5):1375-1415. doi: 10.1007/s00204-020-02725-2.

 


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