Kariesschutz: Remineralisierung durch Fluorid

Karies entsteht in einem dynamischen Prozess, in dem sich Phasen der Demineralisation und Remineralisation der Zähne abwechseln. Nimmt die Demineralisation überhand, so kommt es zunächst zu „White Spots“, dem Anfangsstadium kariöser Läsionen, bei denen noch keine Kavitäten entstanden sind. Sie treten häufig auf: Eine Metaanalyse kam zu Inzidenz- und Prävalenzraten von White Spots während kieferorthopädischer Behandlungen von 46 bzw. 68 Prozent.

Die beginnende Karies lässt sich noch stoppen und möglicherweise rückgängig machen, wenn die Ursachen beseitigt und vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden, z. B. durch Remineralisierung mit fluoridhaltigen Produkten, eine Änderung der Ernährungsgewohnheiten und eine geeignete Mundhygiene zur Reduzierung von Zahnbelag.

Am weitesten verbreitet ist die Anwendung von Fluorid beim Zähneputzen. Zahnpasta und andere fluoridhaltige Zahnpflegeprodukte wirken Zahnkaries entgegen, und ein bedeutender Vorteil liegt in der täglichen Anwendung in niedriger Dosis, die eine stetige Remineralisierung der Zähne fördert. Auf der Zahnoberfläche zieht Fluorid Calcium- und Phosphationen an, wodurch sich eine Fluorapatit-ähnliche remineralisierte Schicht bildet, die beständiger und schwerer aufzulösen ist als das ursprüngliche Hydroxyapatit.

In Zahnarztpraxen wird Fluorid professionell zur Vorbeugung und topischen Behandlung beginnender kariöser Läsionen angewendet. Die Wirkung ist hier anders, da für einen gewissen Zeitraum Fluorid in hohen Konzentrationen an die behandelten Zahnoberflächen abgegeben wird.

Kann professionell angewendetes Fluorid beginnende Kariesläsionen rückgängig machen?

In dieser systematischen Übersichtsarbeit wurden randomisierte klinische Studien ausgewertet, in denen die Wirkung von professionell angewendetem topischem Fluorid in Form von Lack oder Gel mit Gruppen verglichen wurden, die ein Placebo oder keine Intervention erhielten und/oder wie gewohnt ihre Zähne zuhause putzten.

Aus 2.223 Fachartikeln zu dem Thema gingen neun Studien in die Analyse sein, an denen Personen zwischen fünf und 25 Jahren teilgenommen hatten. Je zwei stammten aus Brasilien und China, die weiteren aus den USA, dem Iran, Indien, Schweden und den Niederlanden. Fünf der Studien hatten ein niedriges Verzerrungspotenzial, vier wiesen gewisse methodische Mängel auf. Aufgrund der Heterogenität der Daten war es nicht möglich, sie studienübergreifend in einer Metaanalyse auszuwerten, stattdessen wurde eine deskriptive Analyse durchgeführt.

Fünf Studien zeigten, dass topisches Fluorid beginnende kariöse Läsionen in bleibenden Zähnen wirksam umkehren kann. Studien, in denen Fluoridlack mit der üblichen häuslichen Mundhygiene verglichen wurde, weisen dagegen darauf hin, dass professionell verabreichtes topisches Fluorid das Erscheinungsbild beginnender kariöser Läsionen nicht wirksamer verbesserte als regelmäßiges Zähneputzen zuhause.

Was sagen die einzelnen Studien aus?

Vier Studien bewerteten die Wirkung von 5 % NaF-Lack und kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen: Im Vergleich zu einem Placebo (Kochsalzlösung) und Fluorid-freier Zahnpasta war der Lack – aufgetragen über einen Zeitraum von sechs Monaten – nach kieferorthopädischer Behandlung wirksam bei der Umkehrung von beginnender Karies. Eine einmalige Anwendung von 5 % NaF-Lack war im Vergleich zur üblichen häuslichen Mundhygiene mit fluoridhaltiger Zahnpasta dagegen nicht wirksamer für die Verbesserung von White Spots. In ähnlicher Weise wirkte sich 1,5 % Ammoniumfluorid-Lack im Vergleich zu einer professionellen Zahnreinigung günstig auf die Remineralisierung von White Spots aus. Vier Studien untersuchten die Wirkung von Fluoridgelen (1,23%iges APF-Gel und 1- bzw. 2%iges NaF-Gel), kamen jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Da die Anwendungsprotokolle und die Art der Kontrollgruppen in den Studien sehr unterschiedlich waren, waren die Ergebnisse insgesamt schwierig miteinander zu vergleichen und sollten den Autoren zufolge mit Vorsicht interpretiert werden.

Fazit

Studien, in denen in der Vergleichsgruppe fluoridhaltige Zahnpasta verwendet wurde, zeigten wahrscheinlich keinen Unterschied, da die die Zahnoberflächen täglich mit Fluorid versorgt wurden und so keine zusätzliche Fluoridapplikation zur Bildung eines Reservoirs erforderlich war. Im Gegensatz dazu zeigten Studien, die Kochsalzlösung oder eine fluoridfreie Zahnpasta als Kontrollen verwendeten, dass Fluoridlack bei der Remineralisierung von beginnenden Kariesläsionen wirksam war. Dies unterstreicht, wie wichtig das regelmäßige Zähneputzen mit fluoridhaltiger Zahnpasta für die Kariesvorbeugung und die Umkehr beginnender Karies ist.

Allerdings haben sich nur wenige randomisierte Kontrollstudien mit der Wirksamkeit von professionell angewendetem topischem Fluorid bei der Behandlung beginnender kariöser Läsionen im bleibenden Gebiss befasst. Daher sind mehr Studien von größerer methodischer Qualität und Standardisierung erforderlich, um Verzerrungen zu reduzieren und eine Metaanalyse zu ermöglichen.

Quellen: 
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Catarina Borges da Fonseca Cumerlato¹, Cinthia Studzinski Dos Santos¹, Rodrigo Nunes Rotta², Mariana Gonzalez Cademartori³, Marcos Britto Corrêa¹; catarinacumerlato@hotmail.com

¹Universidade Federal de Pelotas - UFPel, School of Dentistry, Department of Restorative Dentistry, Pelotas, RS, Brazil; ²Universidade Católica de Pelotas, School of Dentistry, Department of Restorative Dentistry, Pelotas, RS, Brazil; ³Universidade Federal de Pelotas - UFPel, School of Dentistry, Department of Social and Preventive Dentistry, Pelotas, Rio Grande do Sul, Brazil;

Is professionally applied topical fluoride effective in treating incipient caries? A systematic review.

Braz Oral Res. 2022 Jun 10;36:e083. doi: 10.1590/1807-3107bor-2022.vol36.0083.