Schätzungen zufolge werden elf Prozent der 4-7-Jährigen im Jahr 2025 adipös sein
Adipositas ist bei Kindern unter fünf Jahren von 4,9 Prozent im Jahre 2000 über 5,4 Prozent in 2010 und 4,7 Prozent in 2015 auf 5,9 Prozent im Jahr 2018 angestiegen. Die derzeitigen Trends lassen weltweit bis 2025 einen Anstieg auf elf Prozent erwarten. In Europa fanden sich 2012 unter den 4-7-Jährigen die höchsten Adipositas-Raten in Spanien und Griechenland, die niedrigsten waren in Belgien und Deutschland zu beobachten.
Da Kinder verhältnismäßig viel Zucker konsumieren, wird vermutet, dass er eine Rolle als Risikofaktor für Adipositas spielt. Besonders mit Zucker gesüßte Getränke stehen im Verdacht, das Körpergewicht zu erhöhen, weil sie die Energieaufnahme erhöhen, im Vergleich zu festen Lebensmitteln bei gleicher Energiemenge aber ein geringes Sättigungsvermögen erzeugen. Auch direkte physiologische Effekte des Zuckers, z. B. durch erhöhte Glukose- und Insulin-Konzentrationen im Blut nach Mahlzeiten, werden diskutiert.
Von der WHO wurden Empfehlungen für eine maximale Zuckeraufnahme (maximal zehn Prozent der täglichen Energieaufnahme aus freiem Zucker) hauptsächlich ausgesprochen, um Karieserkrankungen vorzubeugen. Zuckerkritiker würden den Wert gern weiter senken. Ob zwischen der Zuckeraufnahme und anthropometrischen Daten wie dem BMI oder der Körperfettmasse ein Zusammenhang besteht, ist allerdings nicht eindeutig durch wissenschaftliche Daten belegt.
Die CHOP-Studie
Ursprünglich wurde die CHOP-Studie (ClinicalTrials.gov: NCT00338689) ins Leben gerufen, um zu untersuchen, ob Säuglingsnahrung, die einen höheren Proteingehalt hat als Muttermilch, dazu beiträgt, dass Kinder adipös werden. Die Studie wurde in fünf Ländern (Belgien, Deutschland, Italien, Polen und Spanien) durchgeführt und umfasste 1678 Säuglinge, von denen 583 bis zu einem Alter von elf Jahren weiter beobachtet wurden. Von den Kindern lagen Ernährungsprotokolle vor, die jeweils Tage lang im Alter von zwei, drei, vier, fünf, sechs und acht Jahren erfasst worden waren. Zudem wurden der BMI und der FMI der Kinder bestimmt und zu einer alters- und geschlechtsspezifischen Referenz der WHO in Beziehung gesetzt (zBMI und zFMI). Als potentielle Einflussgrößen wurden der Bildungsgrad der Eltern, Alter, Körpergröße und -gewicht der Mutter, Rauchen und Alkohol während der Schwangerschaft sowie die körperliche Aktivität berücksichtigt.
Geringerer BMI bei höherem Zuckerkonsum bei insgesamt gleicher Energieaufnahme
Bei 21 bzw. 15 Prozent der Kinder lagen der zBMI bzw. zFMI oberhalb des für die entsprechende Alters- und Geschlechtsgruppe spezifischen Mittels plus einer Standardabweichung, was als „hoch“ bewertet wurde. Die meisten Kinder mit einem hohen zBMI wurden im Alter von acht Jahren beobachtet (29 %), die meisten Kinder mit einem hohen zFMI mit vier Jahren (18 %).
Während der Beobachtungszeit wurden durchgehend etwa 13 Prozent der täglichen Energie aus freien Zuckern aufgenommen. Aus gesüßten Getränken stammten je nach Alter 2,5 bis 3,6 Prozent des Zuckers, aus Fruchtsäften durchschnittlich konstant 3 Prozent.
Die Zuckeraufnahme verhielt sich in der Studie umgekehrt proportional zum zBMI und zFMI: Pro 100 Kilokalorien, die die aus Zucker aufgenommen wurden – was etwa einer Mango, einem Fruchtjoghurt, 15 Gummibärchen oder einem Glas Cola entspricht – sank das Risiko für einen hohen zBMI bei insgesamt gleicher Energieaufnahme um 26 Prozent (OR 0,742, 95 % CI: 0,604–0,912) und einen hohen zFMI um 17 Prozent (OR 0,825, 95 % CI 0,669– 1,018). Ein Einfluss von zuckergesüßten Getränken und Fruchtsäften auf den BMI oder FMI wurde nicht beobachtet. Von den Makronährstoffen wies nur Protein einen positiven Zusammenhang zum BMI und FMI auf, was auch bereits in anderen Studien beschrieben wurde.
Diese Studie lieferte sowohl bei übergewichtigen als auch bei normalgewichtigen Kindern keinen Hinweis darauf, dass ein höherer Zuckerkonsum mit einem höheren BMI einhergeht. Kinder mit einer hohen Proteinaufnahme wiesen dagegen ein höheres Körpergewicht und mehr Fettmasse auf.
Quellen:
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Aumueller N1, Gruszfeld D2, Gradowska K2, Escribano J3,4, Ferré N4, Rousseaux D5, Hoyos J6, Verduci E7, ReDionigi A7, Koletzko B8, Grote V1; office.koletzko@med.uni-muenchen.de
1Division of Metabolic and Nutritional Medicine, Department of Pediatrics, Dr. von Hauner Children's Hospital, University Hospital, LMU Munich, Lindwurmstr. 4, 80337, Munich, Germany; 2Neonatal Intensive Care Unit, Children's Memorial Health Institute, Warsaw, Poland; 3Hospital Universitari Sant Joan de Reus, Reus, Spain, 4Paediatrics Research Unit, Universitat Rovira i Virgili, IISPV, Reus, Spain; 5CHC St, Vincent, Liege-Rocourt, Belgium, 6Queen Fabiola Children's University Hospital, Brussels, Belgium; 7Department of Peadiatrics, San Paolo Hospital, University of Milan, Milan, Italy, 8Division of Metabolic and Nutritional Medicine, Department of Pediatrics, Dr. von Hauner Children's Hospital, University Hospital, LMU Munich, Lindwurmstr. 4, 80337, Munich, Germany.
Eur J Nutr. 2019 Oct 23. doi: 10.1007/s00394-019-02107-0
IME 15-10212