Informationskreis Mundhygiene und Ernährungsverhalten

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Eine randomisierte, kontrollierte Studie zur Effizienz überwachten Zähneputzens bei Kindern mit hohem Karies-Risiko

Regelmäßiges Zähneputzen mit fluoridhaltiger Zahnpasta hemmt bei 5-7-jährigen Schulkindern aus sozial schwachen Familien mit hohem Karies-Risiko die Entwicklung von Läsionen in den gerade durchgebrochenen, bleibenden Zähnen, nicht jedoch im Milchgebiss.

Die Kariesprävalenz bei Kindern ist in Europa rückläufig; dabei verschiebt sich das Verteilungsmuster zulasten der Kinder aus soziodemographisch und ökonomisch unterprivilegierten Familien. In diesem Umfeld ist regelmäßiges Zähneputzen nicht selbstverständlich; Süßwaren und Erfrischungsgetränke mit hohem Zuckeranteil sind verbreitet. Nach Untersuchungen von T. M. Marthaler et al. [Caries Res., 24 (1990), 381-396 und 30 (1996), 237-255] verteilen sich 80% der Läsionen auf nur 20% der Kinder. Bevölkerungsweite Karies-Präventionsprogramme für Schulkinder mit Fluorid (Zahnpasta, Mundspülung, Zahnlack) erwiesen sich in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts in den USA und in Skandinavien als äußerst erfolgreich. Die Programme wurden mit der flächendeckenden Verfügbarkeit fluoridhaltiger Zahnpasta eingestellt; die gezielte Wiedereinführung für Hochrisikogruppen wird diskutiert. Die vorliegende Studie soll die Effizienz einer derartigen Maßnahme testen.

 

534 Schulanfänger (Alter: 5 Jahre) eines sozial und materiell benachteiligten Wohngebiets in Tayside/Schottland werden für die Studie ausgewählt, jeweils randomisiert eine Parallelklasse als Test- und eine als Kontrollgruppe. Ausgewertet werden Daten von 239 Test- und 222 Kontrollkindern (86%). Die Kinder der Testgruppe putzen während der ersten beiden Schuljahre täglich nach der Mittagsmahlzeit im Klassenverband unter Aufsicht die Zähne mit fluoridierter Zahnpasta (1.000 ppm F-). Jedes Kind erhält ein eigenes Zahnputzset (Becher, Bürste, Zahnpasta) für die Schule und zusätzliche Zahnbürsten und -Pasta zur häuslichen Verwendung. In der Kontrollgruppe werden keine vergleichbaren Maßnahmen durchgeführt.

 

Der Karies-Status im Milchgebiss und, soweit durchgebrochen, im bleibenden Gebiss der Kinder wird vor Beginn der Studie und im Abstand von jeweils 6 Mon. ermittelt (dmfs/DMFS), wobei die Schneidezähne unberücksichtigt bleiben, da die meisten Milchschneidezähne im Verlauf der Studie ausfallen. Optisch erkennbare Läsionen mit und ohne Kavitäten werden erfasst und nach Lokalisation im Zahn getrennt aufgelistet (d1 = Summe der Läsionen in Zahnschmelz u. Dentin; d3 = Läsionen, die ins Dentin vorgedrungen sind). Von der bukkalen Seite der 2. Milchmolaren und dem oberen rechten und unteren linken Eckzahn werden Plaqueproben entnommen zur Ermittlung der Plaque-Punktzahl (PP) als Indikator für Mundhygiene. Kau- und Seitenflächen der Molaren werden zusätzlich ?durchleuchtet? (fibre-optic transillumination = FOTI).

 

Die Kariesprävalenz im Milchgebiss ist bei der Erstuntersuchung in Test- und Kontrollgruppe gleichermaßen sehr hoch (mittlerer d1mfs 9,9, einschl. FOTI 10,3, meistens unbehandelte Karies und Extraktionen) bei einer PP von 0,31. PP und dmfs korrelieren direkt. Die d1mfs der Kinder ohne sichtbare Plaque an den Index-Zähnen (PP = 0) liegt bei 7,5 (d3mfs 6,5), die der Kinder mit sichtbarer Plaque (PP >0) nahezu doppelt so hoch (13,1 bzw. 11,7; p <0,0001). Während der 2-jährigen Interventionsperiode steigen der d1mfs- und der d3mfs-Index aller Kinder im Mittel um weitere 4,66 bzw. 4,86 Punkte an, ohne signifikante Unterschiede zwischen Test- und Kontrollgruppe.

 

Anders die Situation der bleibenden Zähne: In beiden Gruppen entwickelt sich kontinuierlich Karies, die Zahl der Läsionen bleibt jedoch in der Testgruppe zu allen Messzeitpunkten signifikant hinter der in der Kontrollgruppe zurück. Das gilt für die Gesamtzahl der betroffenen Oberflächen an einem Zahn ebenso wie für die Untergruppe der Läsionen im Dentin. Der Interventionserfolg ist am größten, wenn die Fluoridbehandlung zum Zeitpunkt des Zahndurchbruchs bereits besteht. Um die unterschiedliche Ausgangsposition der Kinder anzunähern (12% der Test- und 20% der Kontrollkinder haben zu Beginn der Studie bereits mindestens einen bleibenden Molaren, weitere kommen in unregelmäßigen Abständen), wird der DFS-Index für beide Gruppen nochmals berechnet, jeweils für den Zeitpunkt 12 Monate nach dem Durchbruch des ersten bleibenden Molaren, aufgeschlüsselt nach der Zahl der betroffenen Zahnoberflächen. Bei diesem Auswertungsmodus lässt sich die Reduktion der kariösen Zahnoberflächen für alle 4 Gruppen (D1- und D3FS, jeweils mit und ohne FOTI) statistisch sichern (p = 0,03-0,05).

 

Die Ergebnisse bestätigen die Hypothese, dass sich Karies bei Kindern durch gezielte Interventionsmaßnahmen - im vorliegenden Fall Fluoridierung gekoppelt mit verbesserter Mundhygiene - auch in einem extrem ungünstigen sozialen Umfeld eindämmen lässt. Die endgültige Beurteilung der Studie mit Kosten-Nutzen-Analyse ist allerdings erst nach einer weiteren Beobachtungszeit möglich. Sie muss zeigen, ob die Einübung elementarer Mundhygienemaßnahmen unter Aufsicht die Gewohnheiten der Kinder langfristig verändert und damit das Kariesrisiko nachhaltig gesenkt hat.

 

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist die Forderung nach entsprechenden Interventionsprogrammen für jüngere Kinder aus Hochrisiko-Familien, z. B. in Kindergärten, um so auch der Milchzahnkaries erfolgreich bekämpfen zu können.


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