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Immunisierung beim Menschen mit <i>Streptococcus mutans</i> Antigenen über die Schleimhäute

Erwachsenen Testpersonen wird ein <i>Streptococcus mutans</i>-Impfstoff auf Nasenschleimhaut und Gaumenmandeln lokal aufgesprüht. Die Immunantwort in Speichel und Nasenflüssigkeit ist bei nasaler Applikation effektiver als bei tonsillärer.

Die Erkenntnis, dass Zahnkaries im Wesentlichen durch Streptococcus mutans ausgelöst wird, hat das Interesse der Wissenschaft an einem Impfstoff gegen diese Volkskrankheit angeregt. Erste Untersuchungen zur Induzierung einer Immunantwort im Speichel auf S. mutans-Antigene wurden auf oralem und nasalem Weg durchgeführt. Ergebnisse waren erkennbar, jedoch uneinheitlch und zumeist nur von kurzer Dauer. Als neuer Applikationsweg bieten sich die Tonsillen an. Im Tierexperiment (Kaninchen) ließ sich nach tonsillärer Immunisierung eine Immunantwort im Speichel, in ersten klinischen Untersuchungen ein Anstieg der B-Lymphozyten in den Tonsillen erkennen, der über dem in anderen Regionen liegt. Diese und andere Studien deuten auf eine lokal aufgesplittete Immunantwort nach Sensibilisierung von IgA im mukosalen Immunsystem (common mucosal immune system = CMIS) durch ein Antigen.

 

Die vorliegende Studie untersucht die Wirksamkeit eines Impfstoffs gegen S. mutans bei lokaler Applikation auf die Tonsillen oder auf die Oberfläche der Nasenschleimhaut. Testpersonen (TP) sind 21 Erwachsene (20-50 Jahre) mit Karies-Erfahrung aber ohne Läsionen vor und während der Studie. Sie werden randomisiert nach Alter und Geschlecht in 4 Gruppen aufgeteilt. Testsubstanz ist eine aus S. mutans, Stamm GS 5, gewonnene Zubereitung, die im Wesentlichen aus Glucosyltransferase und inaktiviertem AgI/II besteht (E-GTF). [Childers, N. K. et al., A controlled clinical study of the effect of nasal immunization with a Streptococcus mutans antigen alone or incorporated into liposomes on induction of immune responses. Infect. Immun., 67 (1999), 618-623].

 

Der Impfstoff wird als solcher (E-GTF, wasserlöslich) und als Liposom (L-E-GTF) in D,L-alpha-Dipalmitoylphosphatidylcholin, Cholesterin und Dicetylphosphat lokal appliziert, jeweils 125 µg, gesprüht auf die Gaumenmandeln und in beide Nasenlöcher (4 Gruppen; jede Gruppe n = 5/6; cross-over). Ohrspeichel, Nasenflüssigkeit und Serum (Blutprobe aus dem Finger) werden 3 Wochen vor Studienbeginn wöchentlich, in den ersten 6 Wochen nach der Impfung ebenfalls wöchentlich, nach 56 und 90 Tagen und nochmals nach 18 Monaten entnommen (12 TP). Von 16 TP wurden weitere Proben 1 Jahr vor der Studie entnommen. Zur Entnahme der Nasenflüssigkeit wird im Liegen in jedes Nasenloch 1,5 ml sterile Kochsalzlösung gegeben; nach 10 Sek. richtet die TP sich auf und lässt die Flüssigkeit in ein vorbereitetes Gefäß tropfen.

 

Gesamtimmunglobuline (Ig) und Antikörper gegen E-GTF werden mit dem enzymgekoppelten Immunnachweis (enzyme-linked immunosorbent assay = ELISA) ermittelt. Die Serumwerte werden in ng/ml angegeben, die Daten aus Speichel und Nasenflüssigkeit als Verhältnis von anti-E-GTF zu Gesamt-IgA. Alle Ergebnisse werden als prozentualer Anstieg zum mittleren Basiswert ausgewiesen.

 

Die Reaktionen der TP auf wasserlösliches E-GTF und auf in Liposomen verkapseltes unterscheiden sich nur insignifikant; für die Ergebnisberechnung werden deshalb Mittelwerte beider Gruppen verwendet. Auffallend ist jedoch der tendenziell höhere Antikörpertiter in der Nasenflüssigkeit mit L-E-GTF bei nasaler, nicht jedoch bei tonsillärer Applikation. Dieser Befund bestätigt frühere Untersuchungen der Autoren und muss weiter untersucht werden.

 

Die IgA-anti-E-GTF-Aktivität (Immunantwort) liegt in der Nasenflüssigkeit zwischen 13,4 und 887,7 ng/ml, im Ohrspeichel zwischen 22,2 und 8806 ng/ml; die entsprechenden Werte für die Gesamt-IgA betragen 5,7-246,9 bzw. 16,9-3405 µg. In der Nasenflüssigkeit wird der höchste Antikörpertiter 21 Tage nach der nasalen Impfung gemessen (154% des Basalwertes); er geht dann langsam zurück, bleibt aber 18 Mon. nach der Impfung noch über dem Basalwert. Nach tonsillärer Impfung ist zu keinem Zeitpunkt ein Anstieg des Antikörpertiters in der Nasenflüssigkeit zu beobachten. Im Ohrspeichel wird der höchste Antikörpertiter nach nasaler Impfung an Tag 35 (+71%) und nach tonsillärer Impfung an Tag 21 (+15%) gemessen. Die Gruppenunterschiede (nasal/tonsillär) sind signifikant (p <0,05). Nach 18 Mon. ist im Ohrspeichel praktisch keine Erhöhung der Antikörper mehr nachweisbar.

 

Im Serum steigt bei 8 der 11 TP mit nasaler und bei 3 der 10 TP mit tonsillärer Applikation des Impfstoffs zwischen Tag 28 und 90 nach der Impfung der Antikörpertiter um ?100%, in der Nasal-Gruppe tendenziell höher als in der Tonsillärgruppe. Die Unterschiede sind wegen erheblicher intraindiviueller Schwankungen nicht signifikant.

 

Die Impfung mit E-GTF (wasserlöslich und als Liposom) erweist sich als gesundheitlich unbedenklich. Es werden keine Nebenwirkungen beobachtet, die auf die Impfung zurückzuführen sind. Einige TP berichten von vorübergehenden, unspezifischen Beschwerden (leichter Kopfschmerz, Übelkeit, verstopfte Nase).

 

Die Ergebnisse bestätigen die o. g. Studie der Autoren, wonach die nasale Immunisierung mit S. mutans-Antigenen Antikörper in der Nasenflüssigkeit und im Speichel induziert. Die tonsilläre Applikation übt einen gleichgerichteten aber geringeren Effekt aus. Da die Funktionsfähigkeit der Mandeln mit dem Alter nachlässt, empfehlen die Autoren als nächsten Schritt eine Studie mit Kindern. Ziel ist eine gute Immunantwort im Speichel und der anhaltende immunologische Schutz, damit die Zahl der Wiederholungsimpfungen möglichst gering gehalten werden kann.


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