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Karies-Vorhersage für die bleibenden Zähne aus der Karies im Milchgebiss

Der Karies-Status randomisiert ausgewählter Kinder wird im Alter von 3-4 Jahren und nochmals 8 Jahre später ermittelt. Es besteht eine direkte Korrelation zwischen Milchzahnkaries und Karies am bleibenden Gebiss.

Zahnkaries ist trotz guter Präventions- und Therapieerfolge noch immer die häufigste chronische Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen in den USA. Nach einer Studie von L. M. Kaste et al., J. Dent. Res. S75 (1996), 631-641, waren im Zeitraum 1988-1991 18% der 2-4-Jährigen, 52% der 6-8-Jährigen und 80% der 17-Jährigen betroffen. In China ist die Prävalenz bei 3-6-Jährigen mit 76-83% noch höher. Als Risiko-Faktoren werden Zahnfehlbildung, die Besiedelung der Mundhöhle mit Streptococcus mutans und Lactobacilli, die Pufferkapazität und Flussrate des Speichels, Saccharoseverzehr und frühere kariöse Läsionen diskutiert. Die meisten Untersuchungen wurden als einmalige Übersicht oder als Querschnittsstudie angelegt; was noch fehlt, sind Informationen zur Korrelation zwischen Karies im Milch- und im bleibenden Gebiss bei ein und demselben Individuum.

 

Die vorliegende Studie geht der Frage nach, ob und ggf. wie weit Karies im Milchgebiss die Kariesprävalenz im bleibenden Gebiss beeinflusst und ob der Karies-Status des Milchgebisses eine Vorhersage auf das bleibende Gebiss zulässt. Die Studie wird als Kooperation zwischen den Universitäten Birmingham/Ala und New York (USA) und Peking (Volksrepublik China) durchgeführt. Sie gliedert sich in 2 Teile, eine Basisuntersuchung an 3-4-Jährigen (Juli-Okt. 1992) und eine Nachuntersuchung derselben Kinder 8 Jahre später (Dez. 2000).

 

Testpersonen (TP) sind 504 3- und 4-jährige Kinder (256 männl. und 248 weibl.), randomisiert ausgewählt aus 11 Dörfern und 4 Kindergärten in 2 repräsentativen Gemeinden der VR China außerhalb des Einzugsgebiets von Peking. Das Trinkwasser in den Wohngemeinden enthält <0,26 ppm Fluorid. Für die Nachuntersuchung stehen 362 der TP zur Verfügung (2 Dörfer wurden zwischenzeitlich umgesiedelt). Eine Hälfte der TP kommt aus sozial schwachen Familien (low socioeconomic status = low-SES) in einer ländlichen Region, die andere aus der urbanen Mittelschicht.

 

Beide Untersuchungen werden nach der WHO-Standardmethode (World Health Organization, Geneva: Oral health surveys - basic methods, 1987) durchgeführt, ohne Röntgenaufnahmen. Die Befunde werden in dmft bzw. dmfs und DMFT bzw. DMFS ausgedrückt. Die intrapersonale Reproduzierbarkeit liegt bei 95% (?-Koeffizient: 0,86 bzw. 0,88).

 

83% der TP haben kariöse Läsionen im Milchgebiss mit einem mittleren dmft (dmfs) von 6,1±4,7 (12,5±12,4). Die Prävalenz ist bei den 4-Jährigen höher als bei den 3-Jährigen (89 bzw. 78%; p <0,01) und bei den low-SES-TP höher als bei den high-SES-TP (86 bzw. 81%; p <0,05). Geschlechtsspezifische Unterschiede werden nicht festgestellt. Bei der Nachuntersuchung nach 8 Jahren haben 41% der TP Läsionen im bleibenden Gebiss mit einem DMFT- (DMFS)-Index von nur 0,9±1,3 (1,1±1,8). Auffallend ist die höhere Prävalenz in der high-SES- im Vergleich zur low-SES-Gruppe (47 bzw. 35%; p <0,005). Signifikante altersbedingte (11, 12, 13 Jahre) und/oder geschlechtsspezifische Unterschiede werden nicht festgestellt.

Aus den Daten ergibt sich eine Korrelation zwischen Karies im Milchgebiss und im bleibenden Gebiss, hochsignifikant ab dmft >=7 (dmfs >=13). Der mittlere relative Risikofaktor beträgt 2,6, d. h. die Wahrscheinlichkeit, im bleibenden Gebiss frühzeitig Karies zu entwickeln, ist bei den TP mit Milchzahnkaries nahezu 3 mal höher als bei kariesfreiem Milchgebiss. 94% der TP mit Karies im bleibenden Gebiss weisen bereits im Milchgebiss kariöse Läsionen auf (Pearson ?² = 13,7; p <0,001), 83% der ursprünglich kariesfreien Kinder sind auch im Alter von 12 Jahren ohne Befund.

 

Die Differenzierung der statistischen Auswertung nach der Position der Zähne im Milchgebiss ergibt deutliche Unterschiede für die Kariesprognose im bleibenden Gebiss: Läsionen an den oberen Schneidezähnen allein (max. 4 Zähne) haben keinen signifikanten Prognosewert, unter Einbeziehung der beiden Eckzähne (max. 6 Zähne) einen marginalen (p <0,07), Läsionen an den oberen und/oder unteren Molaren (je max. 4 Zähne) bedeuten hohes relatives Kariesrisiko im bleibenden Gebiss (p <0,01). Der Prognosewert betr??gt 85,4%, d. h. nahezu 9 von 10 Kindern mit Läsionen an den Milchmolaren werden vermutlich Karies im bleibenden Gebiss entwickeln.

 

Die Kariesprävalenz im Milch- und im bleibenden Gebiss entspricht den Ergebnissen epidemiologischer Querschnittsstudien bei Kindern in China. Verglichen mit ökonomisch hochentwickelten Ländern ist die Prävalenz im Milchgebiss ungewöhnlich hoch, im bleibenden Gebiss eher niedrig. Die Unterschiede nach sozioökonomischem Status der Familie erklären die Autoren mit vermehrten Störungen der Zahnentwicklung bei low-SES-TP; die Folge ist eine Zahnschmelz-Hypoplasie, die das Milchgebiss kariesanfällig macht. Bleibende Zähne sind durch Pränataldefekte weniger gefährdet. Hinzu kommen Ernährungsfaktoren: In der low-SES-Gruppe ist die traditionelle chinesische Kost vorherrschend, Stadtkinder haben vermehrt Zugang zu Süßigkeiten und Erfrischungsgetränken.

 

Die Studie bestätigt die Hypothese, wonach der Karies-Status im Milchgebiss einen zuverlässigen prognostischen Wert für die Kariesprävalenz im bleibenden Gebiss abgibt. Das ermöglicht die rechtzeitige Einleitung gezielter Präventivmassnahmen.


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