Karies unter Geschwistern
Durch geeignete Vorbeugungsmaßnahmen hat die Kariesprävalenz deutlich abgenommen. Dennoch gibt es immer noch viele Fälle, die eigentlich vermeidbar wären. Als Risikofaktoren gelten beispielsweise ein Migrationshintergrund, ein geringer sozioökonomischer Status, bestimmte Lebensstilfaktoren und Verhaltensweisen der Eltern sowie Karies bei Geschwistern. Ob Erst- oder später Geborene besonders betroffen sind, konnten Studien bislang nicht eindeutig aufklären. Tieferes Wissen darüber könnte aber dazu beitragen, vorbeugende Maßnahmen gezielter einzusetzen. Deshalb analysierten die Autoren dieser Studie, ob Kinder mit zahnärztlichem Behandlungsbedarf identifiziert werden können, indem der Kariesstatus der Erstgeborenen als Vorhersagefaktor für Karies bei jüngeren Geschwistern derselben Familie verwendet wird.
Daten aus zahnärztlicher Schuluntersuchung
In der Schweiz gibt es an Schulen eine jährliche zahnärztliche Untersuchung, an der alle Schulkinder teilnehmen müssen. Für die Studie wurden vom Schuljahr 2017/2018 die anonymisierten Daten von 13.596 Schulkindern aus dem Kanton Basel-Stadt ausgewertet. Während der Untersuchungen wurden die Gesamtkarieserfahrung und die zum Untersuchungszeitpunkt vorliegenden unbehandelten kariösen Läsionen festgehalten. Außerdem wurden sozioökonomische Faktoren wie Geschlecht, Alter, Nationalität, Geburtsreihenfolge und Postleitzahl des Wohnortes der Familie erfasst.
Deutlich mehr Karies unter Kindern, deren ältere Geschwister Karieserfahrung haben
Von den knapp 14.000 untersuchten Kindern hatten 6738 Geschwister im schulpflichtigen Alter, die 3089 Familien angehörten. Die Altersspanne reichte von vier bis 18 Jahren. 37 Prozent der Kinder hatten einen Migrationshintergrund. Etwa die Hälfte (51,9 %) der Kinder war kariesfrei, aktive Läsionen fanden sich bei 19,8 Prozent der Kinder. Der Kariesindex der Milchzähne (dmft) reichte von null bis zwanzig und betrug durchschnittlich 1,42 (SD 1,29). Im bleibenden Gebiss rangierte der Kariesindex (DMFT) von null bis neunzehn und war mit durchschnittlich 0,54 (SD 1,32) etwas niedriger.
Es konnte kein Zusammenhang zwischen der Geburtsreihenfolge und dem Kariesbefund festgestellt werden (p = 0,061). Bei später geborenen Kindern lagen jedoch mehr aktive kariöse Läsionen vor (p < 0,001).
Jüngere Geschwister hatten eine 3,7-mal höhere Karieswahrscheinlichkeit (95 % CI: 3,0–4,4; p < 0,001) und eine 3,5-mal höhere Wahrscheinlichkeit für aktive Kariesläsionen (95 % CI: 2,6–4,7; p < 0,001), wenn das älteste Kind in der Familie zuvor oder aktuell Karies hatte. Je geringer der Altersabstand zwischen den Geschwisterkindern war, umso ausgeprägter war dies zu beobachten. Auch der Wohnort und die Nationalität wirkten sich wesentlich auf die Karieserfahrung aus.
Fazit
Die Ergebnisse untermauern die Vermutung, dass es eine familiäre Häufung von Karies gibt. Jüngere Geschwister hatten ein mehr als dreifach höheres Kariesrisiko, wenn das erstgeborene Kind bereits Karies hatte. In Kombination mit weiteren Faktoren wie Nationalität und Wohnort der Familie kann diese Erkenntnis dazu beitragen, Präventionsmaßnahmen gezielter auf gefährdete Kinder auszurichten.
Quellen:
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Grieshaber A1, Haschemi AA2, Waltimo T1, Bornstein MM1,3, Kulik EM3; eva.kulik@unibas.ch
1Department of Oral Health & Medicine, University Center for Dental Medicine Basel (UZB), University of Basel, 4058, Basel, Switzerland, 2Department of General Pediatric and Adolescent Dentistry, University Center for Dental Medicine Basel (UZB), University of Basel, 4058, Basel, Switzerland; 3Department Research, University Center for Dental Medicine Basel (UZB), University of Basel, 4058, Basel, Switzerland.
Caries status of first-born child is a predictor for caries experience in younger siblings.
Clin Oral Investig. 2021 Jul 1. doi: 10.1007/s00784-021-04003-6.