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Wenn Hans es nicht kann, wie lernt Hänschen es dann? Zur Zahnputzperformanz von Eltern und ihren Kindern

Zähneputzen ist in Deutschland vom Kindesalter bis ins hohe Erwachsenenalter für nahezu jeden und jede zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Doch Untersuchungen zeigen, dass das Wie des Zähneputzens, die Zahnputzperformanz, nicht optimal ist, berichtete Prof. Dr. Renate Deinzer vom Institut für Medizinische Psychologie der Justus-Liebig-Universität Gießen auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnmedizin (DGKiZ) in Berlin.

KAI oder Chaos?

In der fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS V, 2016) putzten 95 Prozent der Befragten ihre Zähne, mehr als 44 Prozent reinigten zusätzlich ihre Zahnzwischenräume. Trotzdem haben mehr als 70 Prozent der Erwachsenen Gingivitis und mehr als 50 Prozent Parodontitis. Dies wirft die Frage auf, wie gut die Menschen eigentlich putzen, der Prof. Deinzer seit 2014 in verschiedenen wissenschaftlichen Studien nachgegangen ist. Dabei zeigte sich, dass etwa 70 Prozent der Teilnehmenden nach dem Zähneputzen noch Plaque aufwiesen; bei zahnmedizinischem Personal waren es weniger als zehn Prozent – es gibt also deutliche Unterschiede je nach Vorkenntnissen und/oder Problembewusstsein.

In Videobeobachtungen wurde bei 93 Achtzehnjährigen und 174 Zwölfjährigen ermittelt, wie lange, wo und wie sie putzten. Dabei lautete die Anweisung, so gut wie möglich zu putzen. Im Schnitt haben die Teilnehmenden mit ca. drei Minuten vorbildlich lange geputzt. Jedoch gab es beim Wo und Wie deutliche Abweichungen vom Optimum: Nur außen und die Kauflächen wurden lange genug geputzt, die Innenflächen wurden dagegen meistens vernachlässigt. Manche Teilnehmende erreichten bestimmte Bereiche oder Quadranten gar nicht. Die Putztechnik war hauptsächlich kreisend und horizontal „schrubbend“, weniger als zehn Prozent putzten vertikal, wie es empfohlen wird. Das Fazit war, dass im Allgemeinen unsystematisch und nur die Hälfte der Zeit wurde mit der korrekten Technik geputzt wurde.[1]

Eltern-Kind-Studien zum gewohnten Putzverhalten

Eltern sollen Vorbilder sein, ihre Kinder zum Zähneputzen auffordern und sie anleiten. Videobeobachtungen zum gewohnten Putzverhalten zeigten, dass Eltern und ihre Kinder durchschnittlich 90 Sekunden lang putzten, davon die meiste Zeit die Außenflächen. Über 20 Prozent der Zehnjährigen, knapp zehn Prozent der Fünfzehnjährigen und sogar einige Eltern haben die Innenflächen gar nicht geputzt. Etwa ein Drittel der Zeit wurde mit der empfohlenen Technik geputzt, die restliche Zeit wurde horizontal „geschrubbt“. Befragt nach der eigenen Einschätzung glaubten etwa 70 Prozent der Teilnehmenden, gut geputzt zu haben, die Innenflächen nicht ganz so gut. Objektiv zeigte sich jedoch, dass nur maximal 30 Prozent der Teilnehmenden plaquefrei waren.[2],[3]

Danach befragt, welche Bereiche besonders geputzt werden müssen, wussten weniger als zehn Prozent, dass der Zahnfleischrand wichtig ist, weniger als zwanzig Prozent nannten die Zahninnenflächen.

Fazit

Den meisten Menschen ist nicht bewusst, dass beim Zähneputzen Quantität – in diesem Fall die Dauer – nicht gleich Qualität ist. Sowohl beim bestmöglichen als auch beim gewohnten Zähneputzen wurden ähnliche Ergebnisse erreicht.

Die Parameter für gutes Putzen sind demnach nicht ausreichend bekannt und systematisches Putzen ist auch bei Erwachsenen nicht verinnerlicht. Stattdessen ist „Schrubben“ auf den Außenflächen verbreitet, obwohl es nicht gelehrt und nicht empfohlen wird.

Prof. Deinzer stellt die Frage, ob „Schrubben“ wirklich so schlecht sei oder ob es nicht vielmehr eine einfache Bewegung sei, die das Putzen erleichtern könne.

Um die Qualität des Zähneputzens zu erhöhen rät sie, Eltern in die Gruppenprophylaxe einbeziehen.

Schuldzuweisungen hält sie grundsätzlich für falsch, denn die Motivation zur Zahnpflege ist ja vorhanden – schließlich putzten 95 Prozent der Befragten ihre Zähne, fast die Hälfte auch die Zahnzwischenräume. Vielmehr fehle es an den Fertigkeiten, die zum Unterrichtsgegenstand gemacht werden sollten. Sie hält es beispielsweise für zielführend, die Zähne nach dem Putzen und nicht vorher anzufärben, um die Qualität des Zähneputzens zu demonstrieren und Verbesserungsbedarf erkennbar zu machen.

Deinzer hält es außerdem für wichtig, das Augenmerk mehrmals jährlich darauf zu richten, um Fehlentwicklungen erkennen und korrigieren zu können. Dafür seien realistische und konstruktive Rückmeldungen erforderlich. Dabei solle der Fokus nicht nur auf der Kariesprävention liegen, sondern auch frühzeitig ein Bewusstsein für die Reinigung des Gingivarandes geweckt werden und auf Zahnfleischbluten eingegangen werden.

Quellen:
_________________________

Prof. Dr. Renate Deinzer

Institut für Medizinische Psychologie, Justus-Liebig-Universität Gießen.

Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnmedizin (DGKiZ), Berlin, 29.09.2023.

 


[1]

Ebel, S., Blättermann, H., Weik, U., Margraf-Stiksrud, J., & Deinzer, R. (2019). High Plaque Levels after Thorough Toothbrushing: What Impedes Efficacy?. JDR clinical and translational research, 4(2), 135–142. doi.org/10.1177/2380084418813310

[2] Eidenhardt Z, Ritsert A, Shankar-Subramanian S, Ebel S, Margraf-Stiksrud J, Deinzer R. Tooth brushing performance in adolescents as compared to the best-practice demonstrated in group prophylaxis programs: an observational study. BMC Oral Health. 2021 Jul 20;21(1):359. doi: 10.1186/s12903-021-01692-z.

[3] Eidenhardt Z, Busse S, Margraf-Stiksrud J, Deinzer R. Patients' awareness regarding the quality of their oral hygiene: development and validation of a new measurement instrument. BMC Oral Health. 2022 Dec 22;22(1):629. doi: 10.1186/s12903-022-02659-4.

 


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