Übergewicht und Adipositas spielen bei Kindern und Jugendlichen eine immer größere Rolle und soll nach Möglichkeit vermieden werden, weil das Übergewicht meist bis ins Erwachsenenalter bestehen bleibt. Die Ernährung hat einen starken Einfluss auf das Körpergewicht, und kalorienreiche Produkte können zu einer positiven Energiebalance beitragen. Zucker ist ein Energieträger und ein wichtiger Bestandteil der heutigen Ernährung. Dennoch wurde die Beziehung zwischen dem Süßwarenkonsum und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen, die besonders häufig Süßigkeiten essen, bislang nicht umfassend untersucht. Deshalb wurde die vorhandene wissenschaftliche Literatur daraufhin gesichtet, ob ein höherer Konsum von Süßwaren das Risiko für Übergewicht und Adipositas bei Heranwachsenden erhöht. Zudem sollte untersucht werden, ob sich bestimmte Süßwaren unterschiedlichen Fett- und Zuckergehaltes stärker auswirken.
Relevante Literaturstellen zwischen Januar 1990 und Ende Mai 2015 wurden aus Scopus und Medline mit Hilfe definierter Suchbegriffe extrahiert. Zudem wurden Referenzlisten ausgewählter Reviews per Hand durchsucht und Experten kontaktiert. Klinische Interventionsstudien und beobachtende Studien wurden in die Analyse einbezogen. Dabei wurde jegliche Aufnahme von Süßigkeiten, die mit körpergewichtsbezogenen Parametern wie Übergewicht, Adipositas, BMI, BMI z-Score, Körperzusammensetzung, Körperfettanteil oder Taillenumfang in Beziehung gesetzt wurde, berücksichtigt. Nur die Ergebnisse von Probanden bis 18 Jahren gingen in die Analyse ein. Die Extraktion der Daten erfolgte unabhängig voneinander durch zwei Autoren, Diskrepanzen wurden durch eine dritte Person geklärt.
Von 2690 identifizierten Literaturstellen wurden 140 Duplikate und 2368 irrelevante Arbeiten ausgeschlossen. Weitere sieben Literaturstellen aus der Handsuche und eine vom Experten empfohlene wurden mit einbezogen, so dass 190 Artikel im Volltext überprüft wurden. Von ihnen verblieben 19 für die systematische Übersicht und 11 Querschnittsstudien für die Meta-Analyse.
Die in die Meta-Analyse einbezogenen Querschnittsstudien zeigten eine geringe Heterogenität. Alle Untersuchungen beschrieben inverse Assoziationen zwischen dem Verzehr von Süßigkeiten und Parametern für Übergewicht und Adipositas. Die Ergebnisse waren hinsichtlich Richtung und Größenordnung hochgradig konsistent. Das aus allen Studien kombinierte Risiko (OR) für Übergewicht und Adipositas betrug in der Kategorie mit dem höchsten täglichen Konsum von Süßigkeiten im Vergleich zur niedrigsten Kategorie 0,82 (95% CI: 0,69-0,97). Bei einer Steigerung des Konsums um eine Einheit pro Woche betrug das kombinierte Risiko 0,87 (95% CI: 0,85-0,88).
Ein hoher Schokoladenverzehr ging mit einem Risiko von 0,80 (95% CI: 0,71-0,92) im Vergleich zur Referenzgruppe einher, bei den Süßigkeiten ohne Schokolade betrug es 0,78 (95% CI: 0,71-0,86).
Zehn der 19 Studien wurden in die Meta-Analyse einbezogen. Die systematische Durchsicht dieser Studien ergab entweder keine oder inverse Beziehungen zwischen dem Konsum an Süßigkeiten und Parametern, die mit dem Körpergewicht in Zusammenhang stehen. Aufgrund der insgesamt großen Stichprobe (n ≥ 177.260) und der studienübergreifenden Konsistenz der Beobachtungen ist nicht mit einer Verzerrung der Ergebnisse zu rechnen. Auch ein Publikationsbias konnte weitgehend ausgeschlossen werden.
Eine mögliche Erklärung für das geringere Körpergewicht bei einem höheren Verzehr von Süßigkeiten könnte sein, dass der relativ hohe Zuckeranteil in diesen Lebensmitteln zu einer geringeren Fettzufuhr führt. Da Fett mehr Kalorien enthält als Zucker, könnte dies den BMI positiv beeinflussen. Zudem wirkt Zucker gut sättigend, so dass möglicherweise weniger andere Lebensmittel verzehrt werden.
Denkbar wäre jedoch auch, dass übergewichtige Kinder oder ihre Eltern die Zufuhr an Süßigkeiten reduzieren, weil sie der Meinung sind, dass die Gewichtsprobleme dadurch ausgelöst werden.
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Quellen:
Gasser C.E.1, Mensah F.K.2, Russell M.3, Dunn S.E.3, Wake M.2;
constantine.gasser@mcri.edu.au
1The University of Melbourne, Melbourne, Australia; 2Murdoch Childrens Research Institute, Melbourne, Australia; 3The Royal Children's Hospital, Melbourne, Australia;
Am J Clin Nutr. 2016 May;103(5):1344-56. doi: 10.3945/ajcn.115.119883