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Zusammenhang zwischen bakterieller Adhäsion und Zahnkaries

Mit einer neuen, multivariaten Berechnungsmethode (partial least-square = PLS) wird die Adhäsion cariogener Mundbakterien an Agglutinin und/-oder die Db-Komponente saurer prolinreicher Proteine (PRPs) im Speichel als entscheidende genetisch bedingte Variable für die Kariogenese ermittelt.

Zahnkaries ist eine Infektionskrankheit, im Wesentlichen verursacht durch Streptococcus mutans Bakterien. Gebunden an Speichelkomponenten sind sie essen-zieller Bestandteil der Zahnplaque. Die Adhäsion von S. mutans an Agglutinin und saure prolinreiche Proteine (PRPs) im Speichel ist neben Lebensstilfaktoren (Mundhygiene, Ernährung) und Fluoridexposition entscheidend für die Entstehung kariöser Zahnläsionen. Der Adhäsionsgrad ist genetisch determiniert. In Gesellschaften mit umfassenden Präventionsmaßnahmen könnte dieser Faktor ausschlaggebend sein für die erheblichen Unterschiede im Kariesbefall der Kinder.

 

In der vorliegenden Arbeit werden Daten aus den Jahren 1995 und 1997 (Nachuntersuchung), erhoben im Rahmen einer landesweiten Kohortenstudie in Schweden, nach einer neuen statistischen Methode für multivariate Problemstellungen ausgewertet. Eine Datenmatrix X wird in einem Modellsystem mit verschiedenen Antwortvariablen Y korreliert; die Ergebnisse werden ausgedrückt in VIP-Punkten (>=1 = Korrelation; >=1,5 = hohe Korrelation) und Richtung (+ = direkte, - = indirekte Korrelation) [Wold, S. et al.: Partial least squares projections to latent structures (PLS) in chemistry. Enzyclopedia of computational chemistry. John Wiley and Sons, Chichester, (1998), p. 2006-2021]. Einzelheiten zum Berechnungsmodus sind einer Anlage zur vorliegenden Arbeit zu entnehmen, die unter www.dentalresearch.org (American Dental Research Association) im Internet abrufbar ist.

 

Die Untersuchungsergebnisse von 38 Kindern (12 Jahre; 20 ?, 18 ?) aus Nordschweden, randomisiert ausgewählt aus einer Gesamtheit von 3.400 Kindern werden in die Berechnung eingezogen, davon 19 mit hohem Kariesbefall und 19 praktisch kariesfrei (DFS = 5,0 bzw. 0 + 2,4 bzw. 0,6 bei der Nachunter-suchung; keine kariesbedingte Zahnextraktion). Zahnschmelzläsionen (n = 112) werden an der bukkalen, lingualen und proximalen Zahnoberfläche registriert, Zahnschmelz-Dentin-Läsionen und Füllungen (n = 56) bevorzugt an der Kaufläche. Angaben zu Mundhygiene, Zuckerkonsum und Fluoridierungsmaßnahmen liegen aus einem entsprechenden Fragebogen vor.

Die Untersuchung wird in vitro mit Speichelproben der Kinder durchgeführt. Gesamtspeichel dient zur Bestimmung von Speichelfluss, pH-Wert, Puffer-Kapazität und dem Gehalt an S. mutans, Gesamt-Streptokokken und Lactobacillen; Ohrspeichel wird auf Hydroxyapatit-Perlen aufgetragen und mit S. mutans, Stamm Ingbritt (kariogen), bzw. Actinomyces naeslundii, Stamm LY7 (nicht-kariogen) versetzt. S. mutans bindet bevorzugt an Agglutinin und an eine allele Variante der PRPs, die tandem repeats = Db-s, A. naeslundii an die Summe der sauren PRPs. Der jeweilige Adhäsionsgrad an Hydroxyapatit und der Gehalt an Agglutinin sowie sauren PRPs, gesamt und aufgeschlüsselt nach Db-s und anderen PRP-Untergruppen, wird ermittelt (Agglutinin: Immunode-tection; PRPs: fast protein liquid chromatography).

 

Die PLS-Korrelation mit dem Kariesbefall stellt sich wie folgt dar: Bei den Ausgangswerten (1995) korreliert die Adhäsion von S. mutans, gebunden an Agglutinin hoch positiv, die von A. naeslundii, gebunden an saure PRPs nahezu ebenso hoch negativ (+1,79 bzw. -1,40 Punkte); auch der Kariesanstieg nach 2 Jahren korreliert mit S. mutans (+1,18 Punkte), nicht jedoch mit A. naeslundii. Ein hoher Gehalt an sauren PRPs korreliert negativ, ein hoher Agglutiningehalt tendenziell positiv (-1,46 bzw. +0,93 Punkte). Db-s korrelieren mäßig positiv, nicht-Db-Komponenten der PRPs negativ (+1 bzw. -1 Punkt). Die Ergebnisse werden untermauert durch die univariate Statistik, nach der Kinder mit hohem Kariesbefall mehr S. mutans im Speichel binden als kariesfreie (p = 0,049) und Letztere mehr A. naeslundii binden als Erstere (p = 0,011).

 

Die PLS-Korrelation von sauren PRPs und Agglutinin mit der Bakterien-Adhäsion bestätigt die o. g. Korrelationen: Die Summe der sauren PRPs korreliert hoch mit der Adhäsion von A. naeslundii und kaum mit S. mutans (+1,88 bzw. -0,32 Punkte); Gesamt-Agglutinin korreliert hoch mit der Adhäsion von S. mutans und kaum mit A. naeslundii (+1,85 bzw. +0,81 Punkte). Db-s korrelieren ebenfalls positiv mit der Adhäsion von S. mutans (+1,08 Punkte), nicht jedoch mit A. naeslundii.

 

Von den traditionellen kariogenen Faktoren korrelieren Fluoridexposition zusätzlich zur regelmäßigen Verwendung von Fluorid-Zahnpasta und Lactobacillen im Speichel mit +1,69 bzw. +1,70 hoch mit dem Kariesbefall, Zuckerkonsum und Mundhygiene schwächer (jeweils <1,5 Punkte). Die Bindung von S. mutans an die Zahnoberfläche (Hydroxyapatit) liegt somit in der gleichen Größenordnung wie die ?klassischen? kariogenen Faktoren.

 

Die Ergebnisse werden diskutiert im Hinblick auf die Bedeutung von Agglutinin und Db- sowie nicht-Db-Varianten der sauren PRPs für die Speichel-Adhäsion von S. mutans und damit letztlich die Kariogenese. Die Autoren gehen davon aus, dass neben den untersuchten noch weitere Speichel-Inhaltsstoffe für den Prozess verantwortlich sind. Ihre Identifizierung könnte für diagnostische und präventive Strategien der Kariesbekämpfung von Bedeutung sein. Die PLS-Berechnung leistet einen wertvollen Beitrag zur Einschätzung der relativen Bedeutung einzelner und zur Korrelation multipler Variablen.


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